Michael Heilrath, Ralf Westhoff [Shoppen]

„Shoppen“ ist ein herrliches Stück deutsches Kino – das gar keine Musik nötig hat. Blöd für Michael Heilrath, den Schöpfer des zugehörigen Soundtracks. Der wird vom Label als „mit Abstand the most funky thing“ bezeichnet, dass dem Musiker bisher geglückt sei.


"stell dir vor, du erzählst deinen kindern später, wie du deinen traummann
kennengelernt hast. das ist doch peinlich!
"
(susanna)


Der erste Kinofilm von Regisseur Ralf Westhoff handelt von 18 Menschen, die an einem Speed-Dating teilnehmen. Neun Frauen und neun Männer, die jeweils fünf Minuten haben, um sich miteinander bekannt zu machen und am Ende vielleicht Telefonnummern auszutauschen. Die einen suchen "die Liebe, die einzig wahre Liebe", andere wiederum nur Sex oder wenigstens jemanden, an den sie sich nachts im Bett ungestraft klammern dürfen. Das Ensemble besteht durch die Bank aus Theaterschauspielern, die meist aber schon kurze Ausflüge in die Fernseh- oder Kinowelt unternommen haben.

Ganz wunderbar zeichnet der Film verschiedenste Charaktere und erzählt, was passiert, wenn diese aufeinander prallen. Das kann zum Nachdenken und zum Lachen bringen, ebenso wie die unterschiedlichen Gründe, wegen derer die Singles zum Treffen gekommen sind. Eine Krankenschwester hat die Teilnahme von ihren besorgten Kollegen zum Geburtstag geschenkt bekommen, eine junge Verlobte ist sich nicht sicher, ob sie wirklich heiraten soll, und wieder eine Andere hat gerade ihre gesamte Familie verloren und steht jetzt ganz alleine da. Ein Mann ist gerade erst vom Land in den Handlungsort München gezogen und kommt mit seinem immerzu nörgelnden Mitbewohner.

So lebt dieser Film von Dialogen, genialen Dialogen, die auf stets intelligente Weise wunderbar lustig sind. Und ein Dialogfilm braucht manchmal eben keine Musik. Michael Heilraths zehn Tracks umfassender Soundtrack wird größtenteils eingesetzt, um die kurzen Sequenzen zu unterlegen, die zwischendurch zeigen sollen, dass Zeit vergeht. Wenn die Kamera an den Stuhlreihen mit sich unterhaltenden Menschen vorbeifährt oder die tickende Uhr eingeblendet wird. Entsprechend pochend ist diese elektronische Musik, vorantreibend und immer in Bewegung.

Heilrath veröffentlicht zum ersten Mal etwas unter seinem eigentlichen Namen. Seit Anfang der Neunziger Jahre kennt man ihn als Leader der Gitarren-Band Couch oder des Alles wie groß-Orchesters. Elektronische Wege ging er schon mit seinem Soloprojekt Blond. Zudem musiziert er hin und wieder als Gast bei The Notwist und dem Tied and Tickled Trio, Bands, die wie er aus dem oberbayerischen Weilheim stammen.

Schade, dass sein Soundtrack im Film so kurz kommt. Normalerweise ist sowas ja da, um die Stimmungen eines Films zu vermitteln und zu unterstreichen. Das ist aber nur in der abschließenden Viertelstunde von "Shoppen" möglich, die das Wiedertreffen einiger Paare zeigt. Und selbst hier rücken Schauspieler und Texte die Musik noch weit in den Hintergrund. Schade vor allem um Schmankerl wie das fröhlich-offene Wenn man Sex haben will oder den einzig ruhigen Track, Monopterus. Der läuft dann während des Abspanns.
foto: x-verleih



michael heilrath
"shoppen"
hausmusik 2007 cd
michael heilrath