Haldern Pop [Rees-Haldern, 13.-15.08.2009: Vorschau]

Alle Jahre wieder treffen sich 6000 Musikfreunde am Niederrhein und leben drei Tage lang von Musik, Luft und hoffentlichem gutem Wetter. Das 26. Haldern Pop- Festival steht an, und ist mit höchst speziellen und liebevoll ausgesuchten Kleinoden des Indiemarktes bestens aufgestellt - ein Vorbericht.



"two atoms in a molecule, inseperately combined."
(two atoms in a molecule, noah and the whale)


1x1 macht 1, das weiß jedes Kind - eine einfache Angelegenheit. Doch aus Einzelnen können ein paar werden, oder auch viele. Die Zahlen potenzieren sich, das Ergebnis hinter dem Äquivalent wird immer komplizierter und aus klaren Gleichungen werden unüberschaubare Gebilde aus Zahlen und Zeichen. Was in der Mathematik funktioniert, gilt auch im konkreten Leben derjenigen, die etwas planen, was über das Nachbargrillen im Garten hinausgeht.

Besonders für Festivalbetreiber - und hier besonders für die Haldern-Organisatoren - gestaltet es sich bisweilen kompliziert, gleichzeitig als Musikliebhaber und Eventmanager zu agieren, mit Bilanzen, Rechnungen, Kalkulationen ebenso zu hantieren wie mit dem großen Herz eines Plattensammlers.

Das Motto des diesjährigen Haldern–Pop Festivals am Niederrhein lautet „Commuplication“, ein Neologismus, der in einem Wort soviel Symptomatisches aus der Sicht der Besucher und im besonderen Maße auch der Betreiber wiedergibt. Neben den rein formalen Aspekten der Bewältigung von Menschenmassen ist den Haldern-Machern der für den Charakter des Festivals so grundlegende Austausch mit Bands und Besuchern oberstes Gebot: die Kommunikation.

Dass zwischen den rahmenspendenden Wörtchen Multiplikation und Kommunikation auch noch das semantische Feld des „komplizierten“ in der Namensgebung mitschwingt ist nur allzu logische Folge der Auffassung von Stefan Reichman und Co., wie man für alle Beteiligten eine angenehme und freundliche Atmosphäre schafft. Ein Festival wie ein Familienurlaub, in dem der Feuererwehrmann eben so viel zählt wie der Gitarrenheld auf dem Reitplatz.

In diesem Jahr noch mehr als in den vorausgegangenen, stürzen sich die Booker mit offenen Ohren auf das kleinexperimentelle Dasein der Nischenbands, die häufig im Wald der großen Headliner verschwinden und auf anderen Festivals - wenn überhaupt - nur als Kleingedrucktes erscheinen. Das Haldern Pop steht im Ruf regelmäßig musikalische Schätze zu heben, das Näschen der Dorfbewohner und Inhaber von Raum 3 ist Gold wert und stellt die Besucher auf eine wie vorweihnachtlich anmutende Belastbarkeitsprobe. Wer einen Blick in das Forum der Festival-Webpräsenz wirft, stellt fest, dass sich Dutzende von Festivalfreunden monatelang vor Anpfiff die Münder fusselig reden, virtuell Bands wünschen, sich die Haare raufen in ungeduldiger Erwartung der nächsten Bestätigungen. Und je später es wird desto lauter werden die Rufe nach großen Namen; Man möchte beruhigt schlafen können, wissen worauf man sich einlässt. Wer schon ein paar Jahre dabei ist weiß, dass das Haldern da nicht mitspielt, Hörgewohnheiten werden partout nicht bedient, die Neugier und Vorabrecherche des Einzelnen herausgefordert. Das Haldern ist ein Festival für Leute die sich von 15 ihnen nicht geläufigen Bandnamen nicht abschrecken lassen, sondern darauf brennen zu entdecken, was sich hinter ihnen verbirgt. Und so reihen sich neben bereits etablierten oder frisch entdeckten Perlen des Indie immer wieder ganz neue Gesichter des Musikmarkts. Und Gewinner sind bei dieser Strategie alle; die Bands, die in familiärer Atmosphäre bedingungslos angenommen werden, die Zuschauer, die den Bands von morgen schon heute im Spiegelzelt lauschen können, und die Organisatoren, die Jahr um Jahr bestätigt wissen, dass Masse nicht gleich Klasse ist, und dass eine treue Festivalgemeinde mehr wert ist als 20.000 verkaufte Tickets.

Dieses Jahr spielen unter anderen: Grizzly Bear, Andrew Bird, Noah and the Whale, Soundtrack Of Our Lives, William Fitzsimmons, The Maccabees, Bon Iver, Patrick Watson, Wintersleep und Anna Ternheim.

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