Klez.e

Selbst Hand anzulegen, das ist wichtig für Klez.e, aber mit Liebe zum Detail bitteschön. Und Freundschaften sind sowieso wichtiger als Geschäftsbeziehungen.



"es ist zusammengewachsen, was zusammen gehört."
(christian schöfer)


Es gibt so Szenerien, in denen zu bestimmten Zeitpunkten sowohl musikalisch als auch inhaltlich besonders Spannendes und Aktuelles geschieht. Strukturen, die über Jahre hinweg entstehen und eine große Kontinuität aufweisen, in denen langsam etwas aufgebaut wird. Und auf einmal treffen diese Strukturen auf den Puls der Zeit, sie werden sichtbar für die (subkulturelle) Öffentlichkeit, sie gewinnen an Aufmerksamkeit und werden in einen Kontext hineingeworfen, der für die Akteure erst einmal nicht ohne weiteres zu überblicken ist.

Klez.e ist so eine Band, die sich in solchen Strukturen entwickelte und arbeitet. Beheimatet bei dem Kleinstlabel Loob Musik, führen die Wurzeln zurück zur Garage Pankow, einem Jugendclub, der in dieser Form nicht mehr existiert. Intensive Kontakte beispielsweise zum Label Sinnbus ließen ein engmaschiges Netzwerk entstehen, dessen kreativer Output von Bands wie Delbo, Seidenmatt oder Kate Mosh auch außerhalb dieser Kreise immer mehr Aufmerksamkeit erzeugt.

Am 18. August werden Klez.e ihr zweites Album namens "Flimmern" veröffentlichen. Das erste trug den Namen "Leben Daneben", minimalistisch aber klar muten die Titel an. Deutlich weniger klar hingegen ist der Bandname, welcher bei der Schreibweise und Aussprache Probleme bereitet, doch Sänger Tobias Siebert und Gitarrist Christian Schöfer klären auf, was es mit dem Namen auf sich hat: „Wir haben es bewusst schwer gemacht, damit die Leute nicht wissen, wie man den Namen ausspricht, wie man ihn korrekt schreibt. Klez.e ist ein Computervirus, den ich auch mal hatte, den gibt es durchbuchstabiert von a bis e; eine englische Bezeichnung. Es zieht sich auch ein bisschen wie ein roter Faden durch den textlichen Kram, den wir so machen.

Ein Computervirus lässt Menschen ja tendenziell eher hilflos gegenüber dem technischen Minimonster PC zurück, verbunden mit dem starken Gefühl von Ohnmacht.
Natürlich ist da auch häufig ein wesentliches Stück Ohnmacht in unseren Texten zu finden, aber das ist ja nichts statisches, Zustände sind ja veränderbar. Die Texte sollen auch keinen dazu bewegen, diesen Blickwinkel zu übernehmen, es gibt kein 'wir sagen es und Ihr müsst es machen' oder 'so ist es und nicht anders', eher so ein kleiner Denkanstoß. Es sind Dinge, die mich persönlich treffen, die passieren, wo ich meine Erfahrung und meine Sicht gerne weitergebe.

Sind die Texte denn sinnstiftend für die Band oder werden musikalische und lyrische Ebene von euch eher getrennt betrachtet?
Für mich ist das ganze schon ein Ding, obwohl der Gesang bei uns ja auch als Instrument verstanden wird. Aber Text und Musik hängen schon sehr stark zusammen, wenn wir ein Stück entwickeln, baut der Text sehr stark auf die musikalische Gefühlsebene auf. Vielleicht ist die Musik auch deshalb ein besonderer Spiegel unserer jeweiligen Stimmung und unseres Lebensgefühls. Wir spielen die Songs ja auch alle gemeinsam mit demselben Gefühl.

Du singst in einem sehr englischen Style, die Texte sind aber deutsch. Das Thema deutsche Sprache in der Popmusik ist ja in den letzten Monaten / Jahren immer wieder hoch gekocht worden. Ist das für dich von Relevanz?
Eigentlich spielen äußere Einflüsse da überhaupt keine Rolle. Zum einen spreche ich nur sehr schlecht Englisch. Es ist natürlich immer blöd diese Antwort zu geben, anstatt es endlich zu lernen. Zum anderen ist Deutsch die Sprache, in der ich mich am besten mitteilen kann. Es ist für mich auch eine Herausforderung dieser Sprache einen neuen Klang zu geben. Es gibt Leute die sagen, dass sie erst beim dritten Mal hinhören erkannt haben, dass ich auf Deutsch singe. Ich habe ja eine recht hohe Stimme, damit spiele ich dann auch gerne.

Aber welche Rolle spielt das Umfeld nun eigentlich? Sind die Strukturen ein entscheidender Faktor, oder wäre die Band Klez.e auch als solitär, ohne dieses starke Netzwerk denkbar?
Das Umfeld ist total wichtig. Es sind Freunde, die uns helfen, denen wir helfen, also ein Netzwerk. Das Inhaltliche ergibt sich aus Bekanntschaften/Freundschaften, es sind keine Geschäftsbeziehungen. Man kennt manche Leute seit man 17 ist, andere sind später dazugekommen. Es ist zusammengewachsen was zusammengehört. Der Erfahrungsaustausch spielt eine große Rolle, aber es wäre auch ohne all das möglich. Es gibt ja viele Bands, die vom Dorf kommen, die nicht so sehr in Städten stattfinden. Da haben es manche schon durchaus weit gebracht.

Ihr werdet ja jetzt von Universal vertrieben. Hat sich da irgendeine Veränderung ergeben, eventuell größerer Druck oder eine veränderte Erwartungshaltung?
Das Label ist ja geblieben, mit dem neuen Vertrieb hat sich außer der besseren Verteilung eigentlich nichts verändert. Es bestimmt weiterhin das Label - und somit wir - was gemacht wird und wie es gemacht wird. Bei dem neuen Delbo-Album haben wir auch schon gemerkt, dass es mit dem neuen Vertrieb gut läuft, dass die Platte in den relevanten Läden steht. Die Vinylversion machen wir aber über Broken Silence, d.h. es werden auch viele kleine Plattenläden erreicht. In jedem Fall ist es auch ein Fortschritt im Vergleich zu unserem alten Vertrieb. Aber wie gut alles funktioniert, hängt wohl weniger von der Industrie ab als von der Band. Wir arbeiten noch in derselben Weise wie schon bei der letzten Platte, wir kleben unsere Cover immer noch selbst alle einzeln.

Wie wichtig ist euch dabei der Aspekt, volle Kontrolle über die Vorgänge zu haben, welche die Band betrifft?
Volle Kontrolle ist ein bisschen hart ausgedrückt, aber wir haben meistens eine ziemlich genaue Vorstellung was wir wollen, ob es da um das Album, Artwork oder Videos geht. Das endet damit, dass wir alles selber machen müssen. Für uns spielt z.B. die Coverform eine große Rolle, das ist natürlich immer recht aufwendig. Das neue Album wird da ziemlich aufwendig, mehr als nur ein normaler DigiPak. Eine Druckerei würde das so wahrscheinlich nicht zusammenbauen. Wir müssen da selber noch Hand anlegen, damit es so wird wie wir es uns wünschen. Wir machen es uns einfach immer so kompliziert, dass wir dann sehr viel Arbeit haben. Dafür ist es dann auch schön, wenn das Album fertig ist und wir sagen können: Ja, super! Wenn auch nicht alles 100%ig perfekt gefaltet oder gestanzt ist, wir haben einfach selbst Hand angelegt."
foto: klez.e


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