Uzi & Ari [Headworms]

Uzi & Ari sind wie Wasser - und diese Assoziation ist keineswegs eine negative. Sie plätschern, knistern, rattern, sprudeln, glucksen, schmatzen und rauschen dahin, und was bleibt, ist ein Open End.


"if you stop breathing it, it breathes you out."
(magpie's monologue)


Nachdem ich mir die ersten Tracks angehört hatte, anschließend aus dem Haus ging und in den Himmel blickte, da erst wusste ich, dass dieses Album ein gutes sein muss. Da, hinter meiner Stirn, war ein Satz hängengeblieben. "I'm so much older than anyone, I'm so much older" (Wolf Eggs). Mir gingen weder die Worte, noch die Melodie aus dem Kopf. Dieser eine Satz hatte so sehr Besitz von mir ergriffen, dass ich ihn immer wieder wiederholte, auseinandernahm, analysierte, überdachte. Dieser Satz ist ein Gänsehautsatz. Weil er ein Geheimnis ist.

Das inzwischen dritte Album des amerikanischen Quartetts Uzi & Ari, "Headworms" betitelt, bei Own Records erscheinend, ist durch und durch geheimnisvoll. Nachdem der letzte Titel Paper Cuts, mit eigentlich widersprüchlichen Instrumenten wie einer Geige und einer Orgel, sanft ausgeklungen ist, bleibt der eben noch vollkommen glücklich lauschende Hörer wie im dunklen Keller stehen, dessen Tür zufällt und von außen verschlossen wird. Er hat viele Fragen, und fast alles bleibt ungewiss.

So auch die Wahl des Artworks des gerade erschienen Albums. Eigentlich scheint diese Frauenfigur auf dem Cover, die sich so frei, so losgelassen bewegt, zu passen, jedoch - irgendetwas stimmt da nicht. Etwas fehlt. Und das ist genau der Grund, warum das Artwork eben doch zu "Headworms" passt. Es fehlt ein Highlight, ein Höhepunkt, etwas Greifbares. Uzi & Ari schweben im Raum, sind eben da und doch wieder nicht, sind gespenstisch, entweichen und entwischen dem Verzauberten, der versucht, immer wieder zu verstehen. Wie Wasser. Bevor der Hörer weiß, was er da tut, ist "Headworms" auch schon vorüber, wie ein Rausch - wunderschön, aber im Anschluss kann man sich doch nicht mehr so recht daran erinnern.

Jedoch kann man sich bei diesen großartigen Musikern sicher sein, dass dieser Effekt kein Versehen ist, sondern ein Konzept. Denn einer dieser vier Musiker ist Bandgründer, Songschreiber und Sänger Ben Shepard. Er ist ein Genie, soviel steht fest, denn seine Band ist genau dazu bestimmt, wie Luft zu sein. Der Hörer atmet und atmet und atmet, und was er damit anfängt, darf er sich selbst aussuchen. Shepard fordert nur auf: "Lift up your spirits now! Lift up your spirits now! They're coming after us!" (Thumbsuckers).

Mit ihren bisherigen Aufnahmen, besonders dem ersten Album "Don't Leave In Such A Hurry", wurden Uzi & Ari oft als "tanzbar" abgestempelt. Damit war alles gesagt, unter "tanzbar" konnte sich wohl jeder etwas ungefähres vorstellen. Bei "Headworms" klappt das nicht mehr, denn tanzbar ist ein Adjektiv, das einem hier als letztes einfallen würde. Es ist viel zu beliebig. Zu "Headworms" kann man nicht tanzen, höchstens schweben, im Nirgendwo, lächelnd und glücklich berauscht. Von Basstönen, die auf dem Trampolin springen, von Gitarren und Keyboards, Akkordeon und Geige. Ja, die vier Musiker als Salt Lake City mögen Kontraste und Gegensätze, das spürt man auf "Headworms" jedoch nur unterschwellig. Es ist so komplex, so riesig und so gut, dass es wässrig-flüssig wird.

Der eine Satz hängt immer noch in meinen Ohren fest, wie ein Wurm im Kopf. Ich höre Wolf Eggs auf Dauerwiederholung, und mir fährt ein Schauer über den Rücken, als Uzi & Ari immer wieder zugeben, dass sie älter sind. Was das bedeutet, weiß wohl nur Herr Shepard. Er schafft es, eine Tür zu öffnen, nur einen Spalt weit. Nicht jeder, dem seine Musik zu Ohren kommt, bekommt Zugang zu dieser kleinen Wasserwelt, die Ben Shepard kreiert, ein Loslassen ist nötig. Um den Zauber, den man wahrlich knistern hören kann, zu begreifen, ist es nötig, die Augen zu schließen und zuzuhören. Denn Herr Shepard hat eine Menge zu erzählen - eine Menge Geheimnisse.
foto: own records




uzi & ari
"headworms"
own records 2008 cd
uzi & ari