K&F Records

Noch ist Dresden nicht der Folk-Nabel der Welt. Aber das könnte sich schon bald ändern, denn das junge Dresdner Independent-Label K&F Records bietet talentierten Singer/Songwritern eine musikalische Heimat und schielt dabei ungeniert über den großen Teich.



"k&f records heißt nicht, dass hier die ganze zeit ein einzelner mann zur akustischen gitarre
weint, sondern bezieht auch breitwandigere bandformate mit ein.
"
(mario cetti und lars hiller)


Nach dem großen weiten Amerika soll der Label-Sound klingen: anmutend, episch, countryesk und sich zuweilen in den Unweiten der Electronica verirrend. Das jedenfalls haben sich Mario Cetti und Lars Hiller vom Dresdner Independent-Label K&F Records groß auf die Fahnen geschrieben. Hervorgegangen aus einer Künstler- und Kreativ Gemeinschaft, welche bereits seit einigen Jahren als Bookingagentur und Veranstalter von Dresden aus die Fäden zieht, will man zukünftig auch das Label „K&F“ wachsen lassen, dabei aber die regionalen Wurzeln nicht aus den Augen verlieren. Gleichzeitig möchte man sich aber auch nationalen wie internationalen Künstler nicht verschließen, sondern stattdessen Türen und Ohren offen halten. Die ersten beiden Band-Veröffentlichungen des Labels, die in Zusammenarbeit mit Broken Silence erschienen sind, stammen von The Poem is You und Garda.

Letzt genannte Formation setzt sich aus einem bunten Musikerkollektiv um Sänger und Texter Kai Lehmann zusammen. Gardas Grundidee, minimalistische Songs zu schreiben, die allein durch Lehmanns zerbrechliches Organ und einer Akustik Gitarre getragen werden, wurde schnell verworfen und die Stücke im Studio mit Streichern, Piano, Bläsern und Klarinette arrangiert. Das Schöne daran: Die Songs würden immer noch mit spärlicher Instrumentalisierung funktionieren, denn Lehmanns Stimme kann flüsternd schreien, so wie das vor ihm in jüngster Vergangenheit nur Damien Rice und Conor Oberst perfektioniert haben. Und so dürfte es dann auch kein Zufall sein, dass die Musik von Garda durchgehend wie eine geniale Mischung aus Bright Eyes und Damien Rice klingt. „Die, Technique, Die!“ gehört auf jeden Fall mit zu den besten Herbstplatten des Jahres 2008 und es ist eigentlich eine Schande, dass diesem wunderbaren Album nicht die mediale Aufmerksamkeit zuteil wurde, die sie verdient gehabt hätte.

Anders, aber kein bisschen schlechter, klingt die sechsköpfige Multi-Kulti-Truppe von The Poem is You, die auf „The Promised South“ feinsten Neo-Folk-Rock zelebriert. Hier werden zu lebensbejahenden Cowboyhymnen sympathische Verlierertexte gedichtet und die Vocals auf charmante Weise abwechselnd von beiderlei Geschlechtern vorgetragen. Elf verschrobene Kleinode sind so in kürzester Zeit entstanden, die in ihrer Gesamtheit süßer nach Western schmecken als eine honigverschmierte Bärenpfote.

Noch in den Startlöchern bei K&F Records steht eine Formation mit dem idyllischen Namen „bergen“, in der u.a. die beiden sympathischen Label-Betreiber selber zu Klampfe und Trompete greifen und rumpelnd warmen Folkpop zum Besten geben. Musikalisch wie textlich wandert man hier eng auf den Pfaden der großen Element of Crime. Für uns jedenfalls Anlass genug, um mit den beiden Labelbetreibern und Musikern ein kleines Gespräch zu führen.

Was hat euch beide dazu veranlasst, in Zeiten der globalen Musikkrise allen Unkenrufen zum Trotz in diesem Haifischbecken als Labelbetreiber aktiv zu werden? Und wofür steht in diesem Zusammenhang eigentlich die Abkürzung „K&F“?
Mario Cetti: "Die Unkenrufe haben wir zunächst einfach ausgeblendet. Wir sind in Sachen Musik leicht bekloppt und wussten einfach, dass wir das mit dem Label jetzt einfach angehen müssen. Von so was träumt man als selbst musizierender Mensch ja schließlich schon seit Blockflöten-Musikschul-Tagen."
Lars Hiller: "Das mit Haifischbecken hatten wir uns übrigens gar nicht so schlimm vorgestellt, wie wir es nun erleben. Wir waren selbst überrascht, wie wenige Platten heutzutage tatsächlich nur noch verkauft werden. Ich bin allerdings auch immer noch der Meinung, dass da etwas grundlegend schief läuft und sich vielleicht auch irgendwann wieder einrenkt. Musik zu produzieren und zu veröffentlichen kostet etwas und eine MP3, die man mit zwei Klicks kopiert hat, spiegelt da beim Konsumenten einfach keinen Wert wider.
Das Hauptproblem ist aber, glaube ich, ein anderes. Es gibt zu viele Bands. Die erste Generation Rock-Musiker ist ja gerade erst dabei abzutreten. Seither kamen kontinuierlich weitere dazu, mehr jedenfalls, als aufgehört haben. Die Kunstform ist überbevölkert. Es ist schon schwer, sich aus der Flut neuer Veröffentlichungen überhaupt herauszuheben.
Da wir beileibe auch kein großes, umsatzstarkes Label sind müssen wir da aber auch nicht so viel erreichen. Allerdings ist es schon ein wenig frustrierend, in welch geringem Maße man von den etablierten Musikmedien wahrgenommen wird. Das Album von Garda könnte tatsächlich viel mehr Menschen, als nur einen kleinen Kreis Eingeweihter glücklich machen, aber Qualität allein reicht leider nicht, um in der Musikpresse berichtet zu werden. Da sollte man nach gerade mal einem Jahr Label-Arbeit aber auch nicht zu viel erwarten."
MC: "K&F entlehnt sich im Übrigen von unserem Mutterschiff, den 'Kumpels and Friends“' Das ist eine Art Kreativgemeinschaft, die ursprünglich aus dem Erzgebirge kommt und heute im Dresdner Raum Booker, Bands, Grafiker, Filmemacher, Comic-Zeichner oder Werbemenschen vereint. Man kennt und mag sich untereinander und hilft sich gegenseitig und kostenfrei beim Umsetzen diverser Projekte."
LH: "Die Reduktion des Namens soll das Ganze einerseits offener, irgendwie neutraler klingen lassen, so dass eher die veröffentlichte Musik den Namen langsam mit Bedeutung füllt. Schließlich gibt es kaum etwas nichts sagenderes, als zwei Buchstaben als Name einer Sache. Außerdem wollten wir auch ein Stück weit weg von dem ursprünglichen Kumpels-Gedanken, eine Linie ziehen zwischen reiner Freundschaft und Kunst. Das ist wichtig für die Qualität auf dem Label. Idealerweise jedoch sollte beides zusammenfallen."

Viele Independent-Labelbetreiber werden vom Idealismus angetrieben, Musikkunst unter das Volk zu bringen, was ihnen dann beim Kreditgeber der hiesigen Bank zumeist nur ein gequältes Lächeln einbringt. Wie schwierig war es einen finanzkräftigen Partner für K&F Records zu finden, oder läuft die Finanzierung derzeit noch komplett über private Mittel?
LH: "Leider gibt es hierzu nicht allzu viel zu sagen. Es ist der pure Idealismus, finanzkräftige Partner sind weit und breit nicht in Sicht. Das Ganze finanziert sich aus privaten Ersparnissen. Die Idee ist auch nicht die, davon irgendwann reich zu werden, es würde auch schon reichen, beständig schwarze Zahlen zu schreiben. Das ist ja auch heute noch ein realistisches Ziel."

K&F Records ist im Großen und Ganzen für Singer/Songwritermusik reserviert, wie es auch aus eurem Pressetext sehr schön zu entnehmen ist. Gibt es in Deutschland, oder wo auch immer, ein vergleichbares Label, dass musikalisch eine ähnliche Philosophie fährt wie ihr und an dem ihr euch orientiert?
LH: "Ganz so sklavisch folgen wir der Singer/Songwriter-Idee dann auch nicht, aber es lässt auch nicht verhehlen, dass wir beide ruhigere Musik ganz gerne haben. Eine weitere Grundidee ist die, dass es auch in Deutschland Bands geben sollte und geben darf, die diese Art von Musik spielen und dabei glaubwürdig klingen. In Skandinavien ist das akzeptiert und sogar erfolgreich, in Deutschland rümpft man da eher die Nase, wenn eine Band zu amerikanisch klingt. Aber gerade an diesen urbanen deutschen Wohnzimmer-Folkpop kann ich selbst auch nicht so richtig ran."
MC: "Ich schon eher. Ich spiele in einer solchen Band. Zum Thema andere Labels fällt mir ein bisschen Glitterhouse ein, wenngleich die sich gefühlt ja eher an die alten Zausel und Familienväter wenden. Und das meine ich hier durchaus positiv. Uns verorte ich da doch ein gutes Stück jünger. Von der Organisation her mag man vielleicht noch Sinnbus nennen. Die machen musikalisch zwar was komplett anderes, wurzeln aber in einem ähnlichen Kollektiv-Gedanken."

Worauf basiert eure Affinität zu Genres wie Folk, Americana und Country? Gab es ein konkretes Erlebnis, das euch zu dieser Art von Musik brachte oder wie kam es dazu?
LH: "Die Nähe zu den besagten Genres resultiert daraus, dass wir beide schon länger in Bands spielen, die solche Musik machen. Dort haben wir mit der Zeit Freunde gefunden, eine Art Zuhause."
MC: "Das hast Du schön gesagt! Außerdem hast du mir vor Jahren mal ein Mixtape gemacht, das meiner musikalischen Sozialisation nochmal einen ganz neuen Impuls gegeben hat. Gebe ich ungern zu, war aber so."

Das Herzstück jeder Labelarbeit ist die Auswahl der „richtigen“ Künstler, welche im Idealfall dafür sorgen, dass durch die Veröffentlichung der Alben über die Kostendeckung hinaus ein Ertrag erwirtschaftet wird, um weitere Releases realisieren zu können. Wie geht ihr im Bereich A&R vor und nach welchen Kriterien entscheidet ihr, was gesignt wird und was nicht?
MC: "Nachdem wir mit den Kumpels and Friends ja auch viele Herzens-Bands beim Booking betreuen, fragen wir da auch manchmal gleich unverschämt nach, ob die nicht auch noch Lust auf ne Platte mit uns haben. Bei Garda oder The Poem is You war das zum Beispiel so. Ansonsten ist uns große musikalische Eigenständigkeit wichtig. Wir mögen keine Bands, bei denen uns beim ersten Hören bereits dreiundzwanzigeinhalb Referenzgruppen einfallen."

Zum Abschluss möchte ich mit euch noch einen kurzen Ausblick auf das Jahr 2009 wagen. Laut Pressetext werden im kommenden Jahr die (Debüt?-)Alben von „The Green Apple Sea“ und „Rumen Welco“ erscheinen. Sind weitere Veröffentlichungen in 2009 geplant? Wird darüber hinaus „The Sound of Bronkow – Vol. 2“ erscheinen, oder wie sind eure Compilation-Ambitionen?
LH: "2009 beginnt mit einem Album der Band bergen, auch von hier aus Dresden. Dann wird es ganz sicher ein zweites Album von The Poem is You geben, denn die sind unglaublich produktiv und da muss man auch einfach zügig hintereinander weg veröffentlichen.
Ganz besonders freuen wir uns darüber, dass The Green Apple Sea ihr nächstes Album bei uns rausbringen wollen. Das ist eine Band, die das, was wir hier machen wollen, in Deutschland so ziemlich als erste gemacht haben. Zusammen mit Missouri haben sie uns ganz maßgeblich beeinflusst in unserer musikalischen Entwicklung, dem Wunsch auf Tour zu gehen, egal wie klein der Laden ist und wie wenig Gäste an dem Abend da sind und eben darin, dass Songwriter-, Americana-, Folk was auch immer nicht zwangläufig aus Amerika kommen muss, um gut zu sein. Das Split-Album von Missouri & Green Apple Sea 'By The Time I Get To Phoenix' ist schon ewig eine meiner Lieblingsplatten."
MC: "Auf Rumen Welco freuen wir uns auch sehr. Schon seit vielen Jahren meine Lieblingsband hier in Dresden. Das ist dann deren Debüt auf einem Label und die Platte wird ganz sicher großartig. Leider brauchen die eine gefühlte Ewigkeit, um das Album fertig aufzunehmen, was uns aber irgendwie auch hilft, mit dem Budget zu haushalten."
LH: "Zu Sound of Bronkow: Wir werden über das Jahr Beiträge sammeln, sind da auch immer sehr offen für randständige, völlig unbekannt Künstler und wenn genug beisammen ist, dann veröffentlichen wir auch Volume II. Das wird wahrscheinlich jedoch eher erst Anfang 2010."
foto: frank grätz


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