Killed By 9V Batteries [Escape Plans Make It Hard To Wait For Success]

Vom Studio zurück in den Proberaum – Killed By 9V Batteries gehen den Weg zurück und lärmen bedingungslos vor sich hin. Dabei klingen sie nicht so, als ob sie vor der Stereoanlage Zuhörer vermuten würden, obwohl sie es verdient hätten.



Das Jahr 2008 war ein trauriges für Menschen, deren Verbundenheit mit Indiemusik aus dem deutschsprachigen Raum sich in der Verehrung ihrer Entstehungsorte manifestiert. Zunächst schloss im Juli 2008 das Hamburger Soundgarden-Studio, wo Bands wie Blumfeld oder Tocotronic ihre ersten Platten aufgenommen hatten. Nur wenige Wochen später verkündete Mario Thaler, dass sich das von ihm betriebene Uphon-Studio – Entstehungsort des Notwistschen Meisterwerks Neon Golden – in der heutigen Zeit nicht mehr rentiere und deshalb das Zeitliche segnen werde. Das Epitaph hierzu wurde bezeichnenderweise von Polarkreis 18 eingespielt, die mit dem Ergebnis der letzten Uphon-Aufnahmen im Herbst die deutschen Charts stürmten. Die Ära der Tonstudios ist für Bands und Künstler mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten offensichtlich vorbei, da das Homerecording dank der Entwicklungen auf dem Computermarkt in den letzten Jahren zu einer günstigen Alternative geworden ist.

Diese Digitalisierung der eigenen vier Wände machen sich auch die Österreicher von Killed By 9V Batteries zunutze. Ihr selbstbetiteltes Debütalbum nahmen sie noch in einem Tonstudio in Berlin auf, für den Nachfolger begaben sie sich zurück in ihren Heimatort, ein Nest namens Weiz in der steiermärkischen Provinz. Das Trio nahm sich einen zweiten Gitarristen hinzu und spielte "Escape Plans Make It Hard To Wait For Success" im eigenen Proberaum ein. Der Klangqualität tat dies keinen Abbruch, auch wenn ein dreckiger Sound der Musik ebenso gut zu Gesicht stünde wie die glatt produzierte Oberfläche. Denn Killed By 9V Batteries hauen von Beginn an ordentlich auf die Kacke: Der Opener I Was Caught By Some Popular Lines wird von einem Gitarren-Feedback förmlich herbeigezerrt und entwickelt sich nach dem Einzählen ohne große Umstände zu einem druckvoll lärmenden Song, der nach zwei Minuten plötzlich ins Nichts zerfällt und als im Hintergrund rauschendes Präludium den nächsten Song ankündigt. Force Him To Rule His Own World ist einer von zwei Songs, die aus dem typisch noisigen Soundgewand der Batteries herausstechen. Deren sanfter Folkpop klingt fast wie bei den Labelkollegen von A Life, A Song, A Cigarette und die brüchige Stimme von Sänger Wolfgang Möstl erinnert plötzlich an Conor Oberst.

Doch sobald die Mundharmonika verstummt ist, drehen Killed By 9V Batteries die Verstärker wieder auf, denn am liebsten produzieren sie offensichtlich Lärm. Ihr Noise-Rock klingt dabei mehr nach 1989 als nach 2009 und könnte vom Zeitgeist kaum weiter entfernt sein. Als Referenzen ließen sich neben My Bloody Valentine, Fugazi und Chokebore sicher noch eine ganze Reihe anderer Bands nennen, welche die Hochzeit ihres Schaffens vor 15 bis 20 Jahren hatten. So verkündet auch der Promotext, dass diese Musik nicht als „Lifestyle-Gadget für Peergroups und Myspace-Freundeslisten“ diene, stattdessen soll offensichtlich auf Authentizität gepocht werden. Diese zugegebenermaßen banale Wahrhaftigkeit kann die Band tatsächlich für sich in Anspruch nehmen, denn dieses Album klingt genau so, wie es vermutlich intendiert war: Im Proberaum wird ein krachiger Song an den anderen gereiht und das Aufnahmeband läuft durch, während sich ein Teil der Stücke zum Ende hin in belanglosem Geklimper verliert. Dies ist zugleich die größte Schwäche des Albums: Das festgehaltene Proberaum-Gefühl lässt die Spannung zwischen den Stücken immer wieder rapide absinken, die Zwischenspiele wirken fast ein wenig wie Fremdkörper zwischen den energiegeladenen Songs und das Gesamtwerk verliert an Kompaktheit. Dabei liefern die Österreicher praktisch ausnahmslos großartige Stücke ab. Sie beherrschen nicht nur ihre Instrumente, sondern haben auch die notwendige Portion Wut im Bauch, mit der dem Hörer vor allem verzerrte Gitarren und verschwurbelte Texte entgegengeschleudert werden. Zum besseren Textverständnis müsste man wohl in den Kopf des Sängers hineinschauen können, doch die vielleicht wichtigste Zeile des Albums versteht man auch ohne viel Interpretationskraft.

Playing guitar doesn’t mean rebellion anymore
(Whatever People Say I Am, I Am)

Killed By 9V Batteries degradieren ihre Musik zum reinen Selbstzweck, die adoleszente Wut braucht kein Objekt, an dem es sich ausrichtet. Sie ist einfach da, wird aus den Instrumenten herausgeprügelt und ins Mikrofon hineingeschrieen. Der Gesang überschlägt sich dabei immer wieder, als ob der Stimmbruch nicht schon ein paar Jahre in der Vergangenheit läge. Killed By 9V Batteries sind eine hervorragende Band, deren Musik so typisch jugendlich-emotional wirkt wie sie gleichzeitig keinen Adressaten zu haben scheint. Sie brauchen kein Studio, um einen fetten Sound zu produzieren, sondern retten das Gefühl von Spontaneität und Natürlichkeit ihrer Songs auf den Tonträger hinüber, ohne dass die Arrangements einen besonders ausgefeilten oder bemühten Eindruck machen. Bei vielen Bands ist diese Schludrigkeit – der Mangel an ausgearbeiteten und stimmigen Songs – eine Schwäche, bei Killed By 9V Batteries wird sie zur Stärke.
foto: florian wieser


killed by 9v batteries
"escape plans make it hard to wait for success"
siluh records, 2009 cd / lp
killed by 9v batteries