Cosmic Casino [Be Kind And Be Cause]

Gelangweilt geht anders.
Mit Enthusiasmus stürmen Cosmic Casino in den Proberaum und erklären den Lustgewinn zum wichtigsten Bezugspunkt ihrer Musik.




"what do i have to do to impress you?"
(we're gonna do this)


Die Menschen von Stickman Records sind mächtig stolz auf ihr jüngstes Signing. Und das, obwohl die Münchner von Cosmic Casino die erste deutsche Band in diesem ehrenwerten Haus sind, sieht man einmal von Slut ab, deren erste beiden Alben auf dem Schwesterlabel Sticksister veröffentlicht wurden. Ungewöhnlich ist das allemal und verwundert im ersten Moment. Ein Label, das sonst Tonträger von Bands wie Motorpsycho, The Soundtrack Of Our Lives oder 35007 veröffentlicht, nimmt sich einer Band an, die stolz unter dem Zusatz "Published by Edition Sportfreunde" firmiert? Cosmic Casino existiert immerhin bereits seit 1999, wenn auch der Name bereits vor der Band geboren war, die sich Bassist Markus Schäfer im Laufe der folgenden Jahre zusammensucht. Ab dem Jahr 2001 wird dann kräftig getourt, "von Juze bis Stadtfest und zurück", man teilt sich die Bühne mit Bands wie Aereogramme, Mother Tongue, Slut und auch den Sportfreunden und Such A Surge. Zwischendurch wird im November 2002 die EP "Boy in A Band T-Shirt" veröffentlicht. Und damit sind eigentlich auch schon die Grundvorrausetzungen für einen zukünftigen Rock’n’Roll-Mythos, eine nette Entstehungsgeschichte und Authentizität bis zum Abwinken, perfekt.

Dass es auch tatsächlich um Rock’n’Roll geht, will das Quartett nun mit seinem Debütalbum "be kind & be cause" beweisen. Ein Mythos soll hier jedoch nicht entstehen, vielmehr wird das Klischee umgewandelt und aus dem Mythos soll eine eigene kleine Realität werden. Der Albumtitel suggeriert jedoch bereits, dass dies für sie nicht gleichbedeutend mit dem Ausleben von platten Attitüden ist. Vorrangig ist das Bandelement, gemeinsam Musik schaffen und erleben. Sein eigenes Ding durchziehen, dass Herz in die Hände genommen und selbige nicht in den Schoss gelegt. Enthusiasmus und Begeisterung ist, was sie spüren und was sie vermitteln wollen. Die Sehnsucht danach, im wahrhaftigen Sinne eine Band zu sein und ebenso wahrhaftige Musik zu machen, zieht sich durch das gesamte Album. Musik, die dadurch so ehrlich und emotionsgeladen wird, dass sie auf der einzigen Ebene stattfindet, die man sowieso kompromisslos für sich reklamieren kann: Dem Selbstbezug und dem Willen, in ihr das zum Ausdruck zu bringen was einen antreibt.

Das Album scheint eine Analogie zum klassischen Stereotyp der Modelleisenbahn zu sein. Erwachsene Männer werden zu kleinen Jungs, wenn sie wieder ihr Lieblingsspielzeug zur Hand nehmen dürfen. Nur sind es hier nicht Lötkolben und Schienenbausätze, sondern Schlagzeug, Gitarre, Bass und Gesang, die zum Einsatz kommen. Es ist durchweg spürbar, dass während den Aufnahmen eine Menge Glückshormone ausgeschüttet worden sein müssen. Die Musik strahlt eine Art Gesamtzufriedenheit aus, auch wenn bei Songs wie Birthday Song oder dem einzigen ruhigen Stück Postcard From The Moon durchaus melancholische Töne angeschlagen werden. Bereits die ersten Akkorde des Albums machen unmissverständlich klar, wohin der Weg führt. "Didn’t I say, coming in one two three", deutlicher kann es Sänger Rich Goerlich in Error, Andy kaum formulieren. Nach vorne geht es, die Gitarre ist das treibende Instrument, der Rest zieht zügig nach. Cosmic Casino erlauben sich selbst keine großen Experimente, die Songs sind technisch nach dem klassischen und allseits bekannten Schema aufgebaut. Dennoch fehlt dem Sound ein wenig der rote Faden, der sich durch das Album zieht. Cosmic Casino fahren auf der bekannten Indierockstraße lang und blinken immer wieder, um abzubiegen. Dann wird im nächsten Song der Blinker wieder reingeholt, der bewährte Weg wird doch weitergeführt. Der Shoutingversuch von Rich Goerlich in Hating People Is Easy bleibt auch bei einem solchen, Sätze wie "this love turned into a riot" verlieren sich in Gitarrenwänden, anstatt dem Zuhörer die Ohren wegzublasen. Das anschließende Persona Non Data lässt nicht nur dank des großartigen Songtitels aufatmen, Goerlich macht wieder das, was er am Besten kann. Seine rauchig raue und dennoch zerbrechliche Stimme lässt auch während Uptempo-Passagen immer wieder ein Augenzwinkern zu, Verzweiflung vs. Glücksgefühl. Cosmic Casino schaffen es, sich in konventionellem Rahmen zu bewegen, ohne zu langweilen, oder gar zu kopieren. Einzig Zoe, where is your mind? wirkt zu sehr Strokes-inspiriert, wenn auch eine beachtenswerte Vitalität mitschwingt, die man häufig vergeblich sucht. Und letztendlich wird auch die große Rockpose nur mit einem ironischen Lächeln bedacht, Get Up And Cry Like A Man lässt das Selbstverständnis der Band einmal mehr stark durch die Musik hindurchschimmern.

Cosmic Casino erfinden den Indierock nicht neu. Aber sie zeigen hervorragend auf, was diese Musik ausmacht und wofür sie so viel Herzblut gegeben haben. Das Transportieren der Euphorie mag dabei zwar vielleicht nicht das erklärte Ziel dieser Band sein, aber dennoch gelingt es ihnen wunderbar. Denn sie meinen es ehrlich, nicht nur mit den anderen, sondern vor allem mit sich selbst. Sie gehen diesen Weg selbst, anstatt sich von anderen ziehen zu lassen. "It’s wonderful to be here on my own." Für Cosmic Casino ist das Rock’n’Roll.
foto: ingo petramer



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"be kind & be cause"
stickman/sticksister records 2005 cd
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