"Jung, sexy, sucht", heißt eine Sendung im Fernsehen. "Jung, sexy, musikalisch und einfach umwerfend" sind Magneta Lane, ohne in jeder Radiostation gesendet zu werden.
"she's got whispers to fight, broken bones there tonight."
(secrets aren't so bad)
Ich saß mit trockenen Augen in Richtung nach Hause und in Gegenrichtung zu einem bestimmten Menschen. Der Optimismus erschlug mich förmlich, weil er sonst bei mir kaum Platz hat. Die erdrückenden, traurigen Gedanken hatten bei mir immer Vorrang. Immer erst schlecht, dann eventuell ganz vielleicht auch mal was Gutes. Anfangs ging mir das gegen den Strich, denn ich will manchmal einfach meiner Traurigkeit zusagen und heulen, bis mir einige Äderchen im Auge platzen. Doch es funktionierte nicht. Es wollte partout nicht klappen. Von beinahe jedem Lied sind die ersten Töne und Klänge laut und stark. Sie hämmern gegen die Ohrmuschel und warnen vor dem Einschlafen oder Augenverschließen. Sie sind mächtig und überwältigend, aber fühlen sich trotzdem noch wohltuend an. Ich fühle mich nicht überfordert oder überrumpelt. Eher entschieden aufgefangen und gestärkt. Lexi, die Gitarristin und Sängerin der Band ist eine gute Mischung aus Mädchen mit jungenhaften Zügen. Ihre Stimme wirkt eher tief und originell, als hauchend und schön. Sie kann kratzen und dröhnen, aber auch schöne Melodien besingen, wie in dem Lied Secrets Aren’t So Bad.
Die Stimme der Sängerin hört sich unheimlich ehrlich und gleichzeitig ernst an. Es war für mich das erste Lied indem die untypische Frauenstimme ein paar weibliche Stimmfetzen in den Raum wirft und trotzdem ihren leicht tiefen Grundklang nicht verliert.
Bridge To Terabithia und Carnival In Spain erinnern mich durch die Gitarren- und Bassklänge sehr an die Band Queens of The Stone Age und mein erster Gedanke war, dass alle drei Frauen zusammen sicherlich der perfekte Gegenpart für diese Gruppe wären. Jedoch ist mir diese Mädchenbande um einiges lieber, weil ich Sehnsucht danach bekomme mit meinen zwei Mädchen so etwas auf die Beine stellen zu können. So etwas Kraftvolles, Starkes mit dennoch viel Herz.
Besonders bei Carnival in Spain kommt bei mir dieses gemischte Gefühl hoch. Man nehme gute Kopfhörer, einigermaßen funktionierende Ohren und Verstand, höre dieses Lied und im Nu ist ein nachdenkliches Gefühl zu eine Art Wut und Ärger gekommen. Die Lippen spitzen sich zu, die Augen kneifen sich zu einem Schlitz zusammen, die Finger stecken in den beiden Hosentaschen und die Fingernägel bohren sich in die Beine hinein. Jeder einzelne Fußzeh verkrampft sich und die Zähne hinterlassen Bissabdrücke auf der Zunge. Die dominierenden und lauten Schlagzeugklänge lassen mich auf seltsame Art wissen, dass die Lieder von Magneta Lane schizophren sind. Man kann sie laut aufdrehen, im Bett liegen, die Augen geschlossen haben und es kaum wagen zu atmen oder gar zu blinzeln. Doch man kann auch gleichzeitig, egal in welchen (wenn überhaupt) Klamotten auf die verregnetes Straßen rennen und sich die Seele aus dem Leib tanzen.
Bei dem Lied Artistic Condition bin ich mir sicher, dass sogar der Weg zum Zahnarzt oder zum Therapeuten erträglich wird. Nur wenige Worte reichen um mir einen ordentlichen Arschtritt zu verpassen und ich weiß schon jetzt, wie ich nächste Woche in die Zahnarztpraxis laufen werde.
Auch wenn mir einige wenige Momente zu voll mit Schlagzeug oder Gitarre sind und die Sängerin ab und zu ein wenig gelangweilt anzuhören ist, bin ich mir sicher, dass Magneta Lane eine durchaus interessante und tolle Band ist. Sie wird nicht meine liebste Bande von allen, jedoch weiß ich, dass ich sie immer mal wieder gerne hören werde. Ich will sie nicht tot hören, wie ich es mit vielen Liedern machte und es danach bereute. Ich will das was ich über sie denke nicht verlieren. Wie beim Essen muss man Musik in Maßen genießen und zu sich nehmen.
foto:
magneta lane
"dancing with daggers"
paperbag records 2007 cd
magneta lane
Magneta Lane [Dancing With Daggers]
Vor knapp zwei Wochen lagen sie in meinem Postkasten. Wenige Tage danach lagen sie mir zwischen Bahnsteig und Zugabteil in den Ohren und vertrieben das Fernweh in meinem Herzen. Kurz darauf versüßten sie mir meine Freistunden und brachten mich zum tänzeln und wippen. Magneta Lane, eine ganz wundervolle Mädchenbande aus Kanada. Mit lauten Gitarren- und Bassklängen, krachendem Schlagzeug und Frauenstimme im Vordergrund, verdrehten mir die drei Damen den Alltag. Ich sollte eigentlich weinen als ich in meinen Briefkasten schaute, weil etwas fehlte. Ich sollte eigentlich Sehnsucht haben und mit trüben Blick nach Hause fahren und die deutsche Bahn und die Zeit verfluchen, weil sie mir meine Herzgeschichte so erschweren. Ich sollte auch mit schwachem Herzschlag in meinen Freistunden auf den Sofas sitzen und einen alten Bekannten beobachten. French, Nadia und Lexi waren schuld daran, dass es alles nicht so kam, wie es normalerweise kommen sollte. Ich weinte nicht, ich war nicht traurig und meine Arme fühlten sich nicht wie Wackelpudding an.