The Samuel Jackson Five

Nicht nur mit ihrem Schulsystem belegen die Skandinavier eine vordere Position im globalen Vergleich, auch musikalisch prägt man in Nordeuropa immer wieder Szenen. Ein Erklärungsversuch aus Sicht der norwegischen Postrocker The Samuel Jackson Five.


"britney spears 4 president!"
(same same but different)


Eine gewisse Schrulligkeit lässt sich bei den Skandinaviern unschwer ausmachen, betrachtet man den wunderbaren Film "Kitchen Stories" von Bent Hamer, bei dem in den Fünfzigern schwedische Beobachter aus dem Heim und Haushalt Forschungsfeld ins benachbarte Norwegen entsendet werden, um dort Feldstudien durchzuführen. Dieses bizarre Verhalten und die manchmal grotesk erscheinenden Ideen erweisen sich im Film selbstverständlich als ironische Betrachtung, doch kann man den Skandinaviern wohl kaum einen hohen Grad an Eigenständigkeit, Experimentierfreude und Innovation absprechen, der von außen vielleicht das ein oder andere mal tatsächlich als absonderlich rezipiert wird. Diese Betrachtung lässt sich selbstverständlich auch, oder gerade auf die Popkultur übertragen.

Nach ihrem Debütalbum "Same Same But Different" aus dem Jahr 2004, haben The Samuel Jackson Five auf dem eignen Honest Abe Label den Nachfolger "Easily Missundertsood" veröffentlicht. Während das Album in Norwegen von den Kritikern gefeiert wurde und im Nachbarland Schweden sogar als bestes Instrumental Album des Jahres gekürt wurde, hat im restlichen Teil von Kontinentaleuropa kaum jemand Notiz von der Band genommen. Zeit sich mit ihnen zu unterhalten und im Gespräch mit Schlagzeuger und Perkussionisten Stian Tangerud etwas über die musikalische Sonderstellung in unserem Norden zu erfahren.

"The Samuel Jackson Five"; Den Namen kann man nicht einfach ignorieren. Ihr benutzt da siese charmate aber auch irritierende Weise, eine Hammage an eine Persönlichkeit auszusprechen, ohne dass dabei ein tatsächlicher Bezug besteht. Erst kürzlich laß ich den raffinierten Namen "The Stephen Malkmus Experience". Intertextualität und Hyperlinks. Was steckt dahinter?
"Bei unserem ersten Auftritt waren wir noch nicht wirklich bereit. Wir hatten vier fertige Stücke, zwei zusätzliche Bandmitglieder (einen Sänger (!) und einen zweiten Perkussionisten mit einem riesigen Vibraphon) und keinen Namen. Mit dem Namen The Samuel Jackson Five alberte ein Freund für ein anderes Projekt herum als wir noch auf der Hochschule waren, das allerdings nie umgesetzt wurde. Also haben wir den Namen zunächst gestohlen, zumindest bis uns etwas Besseres einfallen würde. Zwei Alben später ist das allerdings immer noch nicht der Fall."

Die SJ5 starteten ursprünglich als Drum & Base Projekt. Wie kam es zu der heutigen Entwicklung?
"Wir hatten damals einfach angefangen aufzunehmen, aber was dabei herauskam war wirklich nicht hörenswert. Wir wollten eigentlich tanzbare Musik schreiben, die von Elektronik beeinflusst war, jedoch mit echten Instrumenten eingespielt werden sollte. Was dabei herauskam war aber eben eher Postrock."

Unter dem Begriff Postrock vereinigt ihr trotz allem viele weitere Stilelemente. Namen wie Do Make Say Think kommen mir dabei genauso in den Kopf wie Jaga Jazzist oder sogar oldschool Helden wie Neil Young.
"Selbstverständlich hören wir diese Bands. Wichtig sind uns aber auch Sachen wie Tool und das Album "Red" von King Crimson, sowie vor allem auch die Musik von Miles Davis aus seiner "Bitches Brew" / "Live At Fillmore" Zeit. Als wir richtig anfingen, haben wir stundenlang gejammt und wenig Augenmerk auf wirkliches Songwriting gelegt. Irgendwann hat sich unser Stil dann verselbstständigt."

Du hast Jazz bereits als Einfluss erwähnt. In Norwegen geibt es so unterschiedliche Künstler wie Motorpsycho, Cloroform, Kaizers Orchestra oder die erwähnten Jaga Jazzsit, die alle Jazzelemente in ihrer Musik transportieren. Von Bläsersketionen und Streicherarrangements bis zu solitischen Improvisationen; Ihr selbst verwendet sogar Freejazz Anleihen, die man bis vor ein paar Jahren nicht gewagt hätte im Pop/Rock Umfeld zu adaptieren. Wo siehst du die Verbindung dieser Spielarten?
"Ich glaube nicht, dass es eine generelle Beziehung zwischen Jazz und aktueller Popmusik gibt – es sei denn du denkst dabei an die 18 millionenfach verkauften Popjazz Sachen von Nora Jones. Ich glaube es gibt eine engere Verknüpfung zum Jazz in der mit Samples arbeitenden Musik wie HipHop und Elektronik. Norwegen hatte aber schon immer eine sehr ausgeprägte Jazzszene; spätestens seit Jan Gabarek seine ersten Alben 1969 veröffentlichte und norwegische Musiker eine Schlüsselrolle bei der Plattenfirma EMC spielen, bis hin zur modernen Szene um Künstler wie Atomic, Bugge Wesseltoft, Nils Petter Molvaer und so vielen andere. Mit einer solch weit gefächerten und umfangreichen Jazzszene in einem so kleinen Land wie unserem liegt es natürlich auf der Hand, dass es da allgegenwärtige und wechselseitige Einflüsse gibt. Ich muss auch sagen, dass gerade Motorpsycho und Jaga Jazzist die gegenwärtige Musik unendlich bereichern. Motorpsycho haben so viele fantastische Alben veröffentlicht und dabei so unterschiedliche Richtungen ausgelotet, und ich glaube, dass dies viele andere Künstler hier darin bestärkt hat zu experimentieren. Und Jaga Jazzist sind selbstverständlich herausragend! Ich glaube, ich habe sie bereits elf Mal live gesehen. Die Musiker von Jaga sind zudem in so viele andere Bands und Projekte involviert, dass man sich ihnen gar nicht entziehen kann. Ich denke also, dass der Einfluss von Jazz auf die moderne Popmusik eher ein skandinavisches Phänomen, vielleicht sogar ein speziell norwegisches ist."

Skandinavien im Allgemeinen und vielleicht tatsächlich Norwegen im Besonderen, erscheint heute als eine der wichtigsten Quellen für neue musikalische Entwicklungen und als Standort einer jungen, frischen Musikszene. Obwohl England - früher vielleicht das wichtigste Land für die Popkultur überhaupt - langsam zurückzukommen scheint, sind meines Erachtens nach vorallem Skandinavien und Kanada dei bedeutendsten Länder, wenn es um das Hervorbringen von maßgeblich neuen Ideen und Sounds geht. Wie sieht diese Außenperspektive für dich als Norweger aus?
"Für eine lange Zeit war Norwegens einziger Beitrag zur Popwelt A-ha, aber in den letzten vier bis fünf Jahren ist die gesamte norwegische Musikszene selbstbewusster geworden. Es gibt eine große Zahl junger und vor allem auch guter Bands. Ich finde es sehr spannend zu sehen, dass die Bands hier die gesamte musikalische Palette von der Elektronik bei Røyksopp, über Black Metal von Satyricon and Dimmu Borgir, Angstpop von den Monomen, Hardcore von Rumble In Rhodes bis hin zu eben erwähnten abdecken. Das ist fantastisch! Natürlich sind mir die ähnlichen Entwicklungen in Norwegen und Kanada auch schon aufgefallen, aber ich weiß auch nicht was dahinter stecken könnte."
foto:

the samuel jackson five