We Are Soldiers We Have Guns [To Meet Is Murder]

Die Waffen der Stille.
Ein kleines Studio in Schweden, eine kleine blonde Frau und ein junger Mann stecken die Köpfe zusammen, tüfteln an Instrumenten, drehen an Knöpfchen, trinken Rotwein und essen Schokolade.


"the trick is to love"
(waswhg)


So in etwa beschreibt Malin Dahlberg die Szenerie der Aufnahme ihres zweiten musikalischen Projektes in Sachen We are soldiers we have guns. Doch auch außerhalb dieses Duos ist der Blondschopf schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr und bereichert die breite Göteborger Musikszene mit ihrer zweiten Band Douglas Heart. Und trotz ihrer Bescheidenheit und der betonten Zweisamkeit mit Freund und Helfer Jocke Rosén verrät schon ein Blick auf die EP-Hülle, dass es Malin ist, die der Musik von We Are Soldiers We Have Guns die Form gibt und dem Produkt ihren ganz persönlichen Stempel aufdrückt. So stammt beinahe das gesamte Material des Minialbums ausschließlich aus ihrer Feder und Texte wie auch musikalische Umsetzungen beweisen das großartige Talent einer Songwriterin mit dem Gespür für die Wirkung der leisen Töne.

In "To Meet Is Murder" offenbart sich eine musikalische Dimension fernab von brodelnden und brachialen Gitarrensounds, die seid Jahren die Tanzsäle der westlichen Welt überfluten und nicht selten ausschließlich den bescheidenen Ansprüchen, die Massen durch rhythmisches Geplänkel in Bewegung zu versetzen, genügen können.

Diese Option klammern Dahlberg und Rosén glücklicherweise aus und behalten sich vor, eine Musik zu gestalten, die nicht nach dem höchst-möglichen Popularitätsgrad strebt sondern, eher im Gegenteil, in erster Linie auf die Verwirklichung der eigenen Persönlichkeitsmuster und Erfahrungen zugeschnitten ist. Keine massen-orientierte Schubladen-Musik also.

Man setzt auf minimalistische Gitarren- Arrangements neben wohltuend sparsam platzierten elektronische Sounds und büßt dabei nichts an musikalischer Qualität ein, grade der Verzicht auf überflüssigen Ballast befähigt zur natürlich Erzeugung von Intension. Alles wirkt so wunderbar spontan und wenig durchkomponiert. Musik nach Lust und Laune und ohne Rücksicht auf jegliches Publikum authentisch.

Der eigenwillige und höchst individuelle Charakter der fünf Songs resultiert nicht zuletzt aus der außergewöhnlich klaren, hellen, fast fragilen und doch dominanten Stimme Dahlbergs, die es vermag auf subtile Art und Weise die Wirkung von absoluter Intimität herzustellen. Man möchte gar nicht stören.

Dabei klingt das Konzept schlicht, beinahe banal; individuelle Erlebnisberichte gepaart mit hausgemachter Musik, ein altbekanntes Motiv zur Gitarre und Mikrofon zu greifen. Und doch, hier ist so einiges anders als man es erwarten könnte. Wie schon der Bandname lässt auch der Titel der EP Schlüsse auf einen nicht ganz eindeutigen Inhalt zu, Dahlberg und Rosén bezeugen eine Affinität zu leicht missverständlichen Aussagen und führen den naiven Hörer gerne mal aufs Glatteis, denn sie erwarten mehr als den dekadenten Musikfreund der die Ohren auf und den Verstand zumacht. So verweist der leicht bedenklich anmutende Titel "To Meet Is Murder“ lediglich auf ein Ausspruch von Malins Mutter, welcher die unausweichliche und ewige Einsamkeit jeder Seele betont. Die durchgreifende Verwendung spezifischer und konkreter selbst- erlebter Themen ruft die Illusion des direkten Teilhabens am Wirken der beiden Schweden hervor, die es nicht nötig haben sich eine Attitüde zueigen zu machen die ihnen nicht steht, sondern ganz ehrlich und einfach das sein wollen was sie sind.

Und so berichtet Dahlman ein bisschen gedankenverloren von Menschen die es ihr schwer machen sie zu mögen (The Trick Is To Love), ein nerviger Konzertbesucher wird zum Blickpunkt des Interesses in The Line Is A Dot To You, ein subtil böses Hasslied mit friedlichen Absichten. Denn entgleisen will Dahlberg nicht, ihre Intention ist ernsthafte Musik zu schreiben, die Kompositionen verraten immer auch ein wenig über alte und neue Wünsche, Ängste und schmerzlichen Erfahrungen. Ohne die Gefahr zu viel Preis zu geben aber auch ohne Ironie.

Die Symbiose von Text und Musik wird gewissermaßen zum Sprachrohr ehrlich empfundener Affekte, die greifbar werden, sobald man sich Zeit und Geduld nimmt um sich der EP zu widmen. Schade nur, dass uns der Tonträger selbst nur fünf Titel Zeit gibt, doch man darf wohl auf mehr bemerkenswertes Liedgut aus Richtung der produktiven Schwedin und ihres Partners hoffen. Mit "To Meet Is Murder" hab ich also eine kleine auditive Perle vor mir liegen, die einerseits dem Singer/ Songwriter- Motto der Kings of Convenience: "Quiet is the new loud" zu folgen scheint, andererseits aber ganz eigene Maßstäbe ansetzt und sich nur nach den eigenen Vorlieben richtet. Und dies ist wohl das Geheimnis zum Erfolg. Wer flüstert sagt doch eben doch die Wahrheit.
foto: waswhg



we are soldiers we have guns
"arms down"
stereo test kit records 2007 cd
we are soldiers we have guns