Maximo Park [Frankfurt, 27.11.2005]

Mit Freundlichkeit und Schlagkraft
Maximo Park präsentieren live die immense Power ihrer Songs und überzeugen durch Charme und musikalisch kontrollierter Ekstase.


"the next one is a two-minute-popsong."
(pauls smith)

Es ist kein Wunder wenn man irgendwann den Überblick verliert. Seit die deutsche Presse auf den Hype-Zug des NME aufgesprungen ist, wird auch hierzulande im Wochentakt das neue große Ding proklamiert. Möge diese nun Bloc Party, Kaiser Chiefs, The Futureheads, Art Brut oder letztlich Arctic Monkeys heißen. Die damit verbundene öffentliche Wahrnehmung mag zwar die Verkaufszahlen steigern, doch die Bedeutsamkeit der jeweiligen Band als angehender Meilenstein der neueren Musikgeschichte darf getrost in Frage gestellt werden.

In diese Liste einreihen lassen sich scheinbar auch Maximo Park, deren Beliebtheitsgrad in Deutschland allerdings innerhalb des Jahres 2005 stetig angestiegen ist. Zeitgleich mit der Veröffentlichung ihres Debütalbums "A Certain Trigger" gab das Quintett aus Newcastle upon Tyne eine kurze und komplett ausverkaufte Clubtour durch Deutschland sowie eine kleine Anzahl an Festivalauftritten. Nur ein halbes Jahr später füllten sie nun bedeutend größere Hallen, so auch die Festhalle in Frankfurt.

Deren Charme entspräche eher der Aktionärsversammlung eines mäßig erfolgreichen Mittelstandsunternehmen, denn einem Rockkonzert. Die Wand ist holzvertäfelt, das Licht zu hell und es herrscht Rauchverbot, was ein bemerkenswert großer Teil des Publikums respektiert. Der riesige Raum ist zwar gut gefüllt, doch im Gegensatz zu den übrigen Konzerten nicht ausverkauft. Das Publikum entspricht einmal mehr den Frankfurter Verhältnissen und zugleich auch dem nicht unüblichen Durchmischungsgrad für Konzerte dieser Größenordnung, den man bei Maximo Park allerdings weniger erwartet hätte: Neben kreischenden Groupies weichen Kuttenträger, Eintracht-Fans und Nachwuchs-Gangstaz das Stereotyp des durchschnittlichen Konzertgängers erheblich auf.

Ebenso sehr hebt sich der Support von Maximo Park ab, die New Pornographers aus Vancouver eröffnen den Abend. Schon äußerlich taugt diese Band nicht dazu, einen inszenierten Hype auszulösen und auch die Musik ist weit weniger direkt und mitreißend, wie es beim Hauptact der Fall ist. Ganz und gar nordamerikanisch klingen ihre Songs, doch die feinen Arrangements der aktuellen Platte "Twin Cinema" gehen in einem katastrophalen Soundbrei unter. Dies ist sowohl der Akustik des Raumes, als auch der mangelnden Motivation des Mischers zuzuschreiben und so haben die New Pornographers mit mehr als widrigen Bedingungen zu kämpfen. Dementsprechend gering ist der Enthusiasmus, mit dem die sonst so großartigen Hymnen vorgetragen werden und dem Publikum nicht mehr als pflichtschuldigen Beifall entlocken können. Schade für eine Band, deren Potential um ein vielfaches höher ist, als die meisten Bands, denen momentan bedeutend mehr Beachtung geschenkt wird. Und so dauert der Auftritt, der in einem anderen Rahmen für wahre Begeisterungsstürme hätte sorgen können, nur etwas länger als eine halbe Stunde.

How long has it taken for you to look so fine, fine, fine, fine, fine.“

Maximo Park sehen verdammt gut aus auf der Bühne. Das liegt jedoch nicht an ihren körperlichen Vorzügen oder an ihrer Aufmachung, allenfalls Sänger Paul Smith verweist im perfekt paul smith sitzenden Anzug auf das momentan so hofierte Lad-Ideal. Vielmehr präsentieren sie sich als eine Einheit, sie fühlen sich wohl in ihrer Rolle und scheinen ihren Platz auf der großen Bühne genau zu kennen, obgleich sie vor einem Jahr noch in kleinen und verrauchten Kellerclubs spielten. Und trotzdem ist kein Hauch von Arroganz zu bemerken, Paul Smith weiß, was sich gehört und seine sehr freundlichen Ansagen verströmen eine äußerst sympathische Art von Charme, wie sie einem Pete Doherty völlig abgeht.

Auch ist der Ausdruck Show bei Maximo Park nicht als einstudierte Bühnenpräsentation, Effektspielerei oder gar das Ausleben billiger Rock’n’Roll-Posen zu verstehen. Die Band strahlt eine fast schon unheimliche Energie aus und Paul Smith führt in ekstatischen Bewegungen vor, wie nachhaltig sich die Vorteile des Kinderturnens auszahlen.

Zu Gute kommt ihnen dabei, dass der Sound von Beginn an besser ist, als jener der Vorband, wenn auch dank der ungünstigen Halle bei weitem nicht optimal. Vom Opener Signal and Sign an lassen Maximo Park es mächtig krachen, ohne dabei die Kontrolle über auch nur einen einzigen Ton zu verlieren. Durch präzises Zusammenspiel und mit einer unwahrscheinlichen Dynamik feuern sie einen Song nach dem anderen ins Publikum, jeder Song ein Hit. Dass sie mit The Coast Is Always Changing einen der größten Hits bereits ganz zu Beginn auspacken können, spricht dabei nur für sie. Der Auftritt hat keinerlei Tiefpunkte, steht’s geht es immer weiter nach vorne und das im Vergleich zu anderen Städten weniger ekstatische Publikum nähert sich immer mehr dem Adrenalinspiegel der Band an, selbst die in die Setlist eingestreuten B-Seiten fügen sich nahtlos in die Show ein.

"What happens when you lose some pressure? Apply some pressure!

Gerade bei Apply Some Pressure kennt dann auch das Publikum kein Halten mehr und alle Hemmungen gehen verloren. Zu guter Letzt offenbart sich Going Missing als besonderes Bonbon, mit dessen großem Knall das Konzert seinen Abschluss fand. Zwar mögen die knapp 70 Minuten kurz erscheinen, doch für eine Band, die gerade ihr Debüt ablieferte, ist dies eine fast schon bemerkenswerte Länge. Aber selbst, wenn man diesen Umstand außer Acht lässt, Maximo Park sind eine Liveband die ihresgleichen sucht. Wie bei kaum einer anderen Formation strotzen sämtliche Songs vor Ideen und packende Melodielinien, vorgetragen mit ausgesuchter Freundlichkeit und famoser Schlagkraft zugleich. Diese Band ist wirklich bedeutsam.
foto: landmark

maximo park
the new pornographers