Pink Mountaintops [Axis Of Evol]

"Can a sexually frustrated Canned Heat seduce a hot and bothered Neu into a cheap one night stand? " Die wortspielreiche Frage auf der Homepage geht in eine falsche Richtung, denn von Anspielungen auf Sex hat sich die Black Mountain Army auf der aktuellen Veröffentlichung gelöst.


"jesus, do you believe?"
(how can we get free?)


"No, I’m not heading down the highway to hell", klagt eine Stimme. Langsam gesellt sich eine akustische Gitarre hinzu. Es wird nicht mehr geschehen. Nicht hier. Nicht in diesem Augenblick. In diesem Stück. Die Pink Mountaintops eröffnen ihr zweites Album mit einem spärlichen, unaufdringlichen Spiritual, einem weinerlichen und rührseligen Stück entschlossenen Zweifels. "I’ve been wrestling a dead angry deer / And she is still with me after all of these years." Dann folgt der Bruch; eine anschwellende Rückkopplung, ein knarzig verzerrter Bass im Stile der Eels zu ihrer "Souljacker" Zeit und ein lakonisch gesagtes "Go". Es bleibt jedoch bei den folgenden fünf Stücken beim Blues. Beim Come Down. Trocken und Einsilbig wie der Morgen danach. Über allem thront diese markante, in ihrer Eloquenz so rücksichtslos unspektakuläre Stimme, die vom Leben erzählt.

Stephen McBean, der langmähnige Bartträger aus Vancouver ist der Kopf hinter den Pink Mountaintops. Der im Plural angelegte Name täuscht jedoch darüber hinweg, dass es sich eigentlich um eine One Man Show handelt. Lediglich als Gastmusiker treten Mitglieder der anderen Band auf, von der letztes Jahr das englische Plan B prophezeite, dass 2005 keine wichtigere Kollektion von Stücken einer so starken Band hervorbringen würde; Black Mountain. Hier führt hingegen alles in eine andere Richtung. Lauter. Krachenderr. Wilder. Psychedelischer. Kanada, archetypisch für Künstlerkollektive die sich gegenseitig unterstützen und bereichern, erscheint freigebig genug, um in der Entfaltung nicht einzuschränken, was die gesamte Black Mountain Army goutiert. Dem großen Nachbarn im nordamerikanischen Süden ganz unähnlich. Auch bei diesem bildlichen Gebirgszug steht McBean als Kopf vor, als Songschreiber und Denker, doch die Pink Mountaintops ist er allein. Sein Vehikel, zum Maximum reduziert. Während sich das selbstbetitelte Debütalbum jedoch augenzwinkernd und euphemistisch mit dem Thema Sex auseinandersetzte und Titel wie I (fuck) Mountains oder Sweet 69 ganz ähnlich dem Bandnamen selbst obligatorisch erschienen, bewegt sich "Axis Of Evol" weitab dieser Betrachtungen. "Es geht nicht mehr um Sex, aber es führt das zelebrieren der menschlichen Existenz fort", erklärte McBean bereits letztes Jahr in einem Interview. Hinter all dem ernst und der Demut verbirgt sich also eine beliebige Heiterkeit. Lord, Let Us Shine bekräftigt dies wohl am ehesten, wenn mit verzerrter Stimme im Chor über einen steten Beat gesungen wird. "We’ve been singing with Jesus in the house of love / We’ve sending dead flowers to the devil’s son". Dann mündet es in einem munteren, mehrstimmigen Sing Along.

Unbeirrbar wird hier mit überhöhtem Selbstverständnis LoFi produziert, über Drumcomputer Rhythmen laufen verzerrte Gitarren, Rauschen im Hintergrund und rhythmisch betonte Störgeräusche. Home Recording. Es gibt keine großen Veränderungen in den Stücken, die Melodien und Rhythmen sind von simpler Natur jedoch keineswegs Einfältig. Sie bewegen sich irgendwo zwischen Casiotone For The Painfully Alone, Bonnie „Prince“ Billy und zurückgefahrenen Pavement Einflüssen.

Am Ende des Albums begibt sich McBean erneut für gewagte siebeneinhalb Minuten auf akustisches Terrain, erinnert dabei in hypnotisch meditativer Weise an Bill Callahan von (Smog) und macht klar, dass eine Reise wichtiger ist als das Ankommen. "Won’t you tell us, how we can get free", fragt er im letzten Stück und sing dabei über Liebe und Krieg, den Krieg der Liebe und die Liebe des Krieges. Oder so ähnlich. Dann ist nach gut 34 Minuten Schluss und man sucht die Repeat Taste, um noch einmal alles Revue passieren zu lassen.
foto: dale nixon



pink mountaintops
"arms down"
city slang / jagjaguwar 2006 cd / lp
black mountain army