I leave New York for other cities which let me play with gas and fire.
Clap Your Hands Say Yeah und die Erzählung vom zweiten Album einer ambitionierten Band, die mit sich selbst und den Erwartungen zu kämpfen hat.
"you look so neat, everyday is your birthday."
(emily jean stock)
Die Geschichte von der zweiten Platte. Die Probleme sind weitläufig bekannt und ich verzichte an dieser Stelle darauf, sie zu erwähnen. "Some Loud Thunder" ist der Titel und die Songs sind teilweise Material aus der Zeit des Debüts, über welche Ounsworth damals sagte, es wären genügend gute Ideen vorhanden, um eine beachtliche Menge neuer Songs daraus wachsen zu lassen. Dieses Herauswachsenlassen bedeutet sich den Ideen zu widmen, ihnen Zeit zu geben reifen zu können. Die zwölf Monate zwischen dem Debüt und dessen Nachfolger verbrachte die Band beinahe ununterbrochen auf Tour. Um die täglichen Auftritte in ihrer Bedeutung erfassen zu können, greift Ounsworth in einem Interview auf das Bild des Murmeltiertages zurück; Ganz gleich was bei einem Konzert geschieht, am nächsten Abend wird man sich der gleichen Situation erneut stellen müssen. Diese absurde Endlosschleife bot die Möglichkeit Songs zu variieren, zu verändern, in der Konsequenzlosigkeit die Freiheit des Experiments für sich zu Nutze machen. Für einen Menschen wie Ounsworth kann dies jedoch auch mit dem schalen Beigeschmack des Kontrollverlusts einhergehen.
Was sich auch immer getan haben mag, in diesen zwölf Monaten, das Resultat wird in Form der vorliegenden elf Stücke subsumiert. "Some Loud Thunder" wird mit dem gleichnamigen Stück eröffnet, welches mit einer desolaten Klangqualität versehen ist. Maßlos übersteuert, hat das kaum etwas mit dem Charme einer unabhängigen Produktion zu tun, zumal man weiß, dass die Band nicht darauf angewiesen ist. "All this talking / You’d think I’d have something to say / But I’m just talking." Die Entscheidung, das Stück mit all seinen Spuren verzerrt auf das Album zu nehmen, bleibt mir auch als künstlerischer Anspruch, als Versuch der eigenen Dekonstruktion, verborgen, da er in seiner Form im Kontext des Albums eine isolierte Stellung einnimmt. Im Übrigen muss ich gestehen, dass mich die Qualität auch beim zweiten Versuch davon abhielt, mir das Stück ganz anzuhören, selbst wenn ich es als großes "Fuck Off!" oder "Grosse Erwartungen My Ass!" interpretieren möchte. (Nichtsdestotrotz wird es aufgrund dieser Unhörbarkeit eines der meist erwähnten Stücke in der Musikpresse werden.)
Die Entschädigung folgt im direkten Anschluss durch das vierminütige Emily Jean Stock; Ounsworths trunkener, gieriger, klagender Gesang wandert durch ein sich nur langsam entfaltendes Stück, bei dem sich zur bereits bekannten instrumentalen Vielfalt der Band, an den markantesten Stellen erneut die Übersteuerung gesellt. Ein schepperndes, verzerrtes Schlagzeug akzentuiert hier als Stilmittel, ohne wie im Vorgänger katastrophal Überhand zu nehmen, und schenkt dem Stück Lebendigkeit und Dynamik. Mama, Won’t You Keep Those Castles In The Air And Burning? hält die versöhnliche, melancholische Wärme als Grundstimmung bereit, die sich schon beim Debütalbum charakteristisch hervortat. Viele Bezugspunkte zu ihrem ersten Album sind offenkundig, dennoch weiß die Band ihr Repertoire zu erweitern, ohne den eignen Kontext zu verlassen. Mit Love Song No. 7 komponierte man eine leicht düstere Ballade, die in ihrer Harmonie Querverweise zu den späten Beatles provoziert. Und mit Upon Encountering The Crippled Elephant verweist man schließlich auf sich selbst, auf die kleinen, instrumentalen Intermezzi; Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass man eine fragile Melodie im Dreivierteltakt von Akkordeon und Harmonika von rechts nach links am Hörer vorüber trägt. Kurz zuvor durchkreuzen jedoch elektronische Störgeräusche, eskapistische Bläserversatzstücke, verquere Keyboard Soli, ein treibender Basslauf und ein dominantes Schlagzeug die Ruhe: Der Teufel bittet zum Tanz und wir werden folgen. "Damn right!" Satan Said Dance stellt vielleicht am ehesten einen Bruch zum letzten Album dar, ist aber eine äußerst willkommene Abwechslung, wenn auch auf einem Terrain, welches andere Bands deutlich klüger zu bedienen wissen.
Andere Songs hingegen fallen in Mittelmäßigkeit zurück, beinhalten zwar gute Ideen, schöpfen diese aber nicht gut genug aus. Yankee Go Home ist so ein Fall, der an die schlechtesten Ideen der White Stripes erinnert und naiv pompös auftrumpfen will, dabei aber auf die billigsten Klischees hereinfällt. Das kurze Arm & Hammer hingegen fällt erneut einem störenden Rauschen zum Opfer.
Clap Your Hands Say Yeah sind auch auf dem zweiten Album ambitioniert genug zu begeistern, erlauben sich jedoch einige unschöne Makel. Man wird sie ihnen verzeihen und das dritte Album abwarten müssen, um darüber nachdenken zu können, ob die Band auch in Jahren noch begeistern kann. Ob sie an ihr fulminantes Erscheinen und dem daraus folgenden Vorschussruhm anknüpfen können? Auch das gilt es abzuwarten. Der zweite Akt in der Erzählung zumindest, wird mit verhaltenerem Klatschen goutiert.
foto: wichita
clap your hands say yeah
"some loud thunder"
wichita 2007 cd
clap your hands say yeah
Clap Your Hands Say Yeah [Some Loud Thunder]
Absentee [Schmotime]
Herzlich Willkommen im Indiemusiktheater, Vorhang auf und Bühne frei - Showtime für Absentee! Die Londoner beglücken mit ihrem farbenprächtigen Debüt "Schmotime" und liefern pünktlich zu Sommeranfang erste Lieder für einen vorzüglichen Sonnensoundtrack.
"should i laugh or should i cry? i laugh."
(there's a body in a car somewhere)
Da wären zum Einen Melinda Bronstein am Keyboard, die mit kindlichen Hintergrundgesängen immer wieder Kontraste setzt und für Abwechslung sorgt, und Gitarrist Babak Ganjei, der nebenbei sämtliches Artwork für "Schmotime" übernahm. Außerdem Schlagzeuger Jon Chandler und zu guter letzt Reverand Lawrence Earlitzer, der Bass spielt, seit Urmitglied Romeo Stodart ausstieg um mit seiner eigenen Band The Magic Numbers durchzustarten. Zusammen touren die fünf Londoner seit 2004, unter anderem mit den Shout Out Louds und Architecture in Helsinki.
Mit mehreren EPs und Singles machten sie sich bei den Kritikern beliebt, darunter das 6-Track-Album "Donkey Stock", welches der NME mit Platz 26 auf seiner Liste der Alben des Jahres 2005 auszeichnete. Auf "Donkey Stock" findet sich auch eine erste Aufnahme von Something to Bang, die erste Singleauskopplung, die besonders durch ihren Text besticht: "I’m tired of being a man, there’s always something to bang", singt Michaelson und setzt damit einen der Höhepunkte der Platte. Im zugehörigen Video spielt das Quintett seine Instrumente mit Taschenlampen im Dunkeln – nur ein Beispiel für den scheinbar unbegrenzten Ideenreichtum der Briten. Weitere sind in We should never have children, einem Song über ein hässliches Paar, zu finden, in dem ironischerweise Kinderchöre zum Einsatz kommen.
Die Band hat, nicht nur wegen ihres brummenden Sängers, etwas Verschrobenes an sich. Wäre sie eine einzige Person, würde man sie wohl einen komischen Kauz nennen. Trotzdem ist sie gleich sympathisch, vielleicht, weil hier nichts so aussieht, als sei man auf den großen Erfolg, auf allseitige Beachtung und großes Geld aus. In den Texten wird nicht jemand Fremdes angesprochen, sondern sich meistens über sich selbst lustig gemacht. Zuhause sind Absentee bei dem kleinen Label Memphis Industries (The Go! Team, Field Music). Die Platte erscheint hier zulande allerdings bei Cooperative Music, einem Zusammenschluss mehrerer amerikanischer Labels für den Vertrieb in Deutschland. Alles scheint, als würde diese Gruppe nicht für andere, sondern allein für sich Musik machen, einfach ein bisschen die Zeit festhalten wollen, weil die gerade so gut ist.
Jeder Track von "Schmotime" erzählt Geschichten zu verschiedensten Themen, und selbst wenn ein Text melancholisch ausfällt, bleiben die Instrumente fast immer beschwingt, lustig, fröhlich. Das macht das Album zu einem außerordentlich gut geeigneten Sommer-Soundtrack, obschon es zwischendurch abdriftet und beliebiger, allgemeiner wird. Denn bei einem sonnigen Picknick will man schließlich nicht knappe vierzig Minuten lang bloß zuhören, sondern lieber mitten in der Unterhaltung aufspringen und lostanzen müssen, weil gerade diese Melodie jetzt im Moment so unglaublich rockt. Gründe dafür gibt es überall: Mal sind es die Gitarren, die besonders auffallen, im nächsten Moment tun sich die Tasten hervor, zum Beispiel durch die Orgelklänge im Opener More Troubles. Es finden sich Ohrwürmer wie Weasel, ein Countryexperiment (Truth Is Stranger Than Fishin’) und die obligatorische Ballade am Schluss (Treacle). Und natürlich gibt es auch herrliche Bläserarrangements.
Produziert wurde das Ganze übrigens von James Ford, der schon bei den Arctic Monkeys an den Reglern saß. Und trotzdem: Absentee liefern ein Debüt ab, dass sie nicht hoch in den Hype-Himmel heben wird, auch wenn der NME bereits Notiz genommen hat. Noch nicht. Stattdessen verschaffen sie sich vorerst einen festen Platz im großen Indietheater, und bleiben unser kleines Geheimnis. Komme, höre, tanze – und sag es weiter!
foto:
absentee
"schmotime"
cooperative music 2006 cd
absentee
A Life, A Song, A Cigarette [Fresh Kills Landfill]
Wie wichtig kann ein Akkordeon für den ersten Eindruck einer Platte sein? A Life, A Song, A Cigarette haben sich darüber wohl keine Gedanken gemacht, sondern stattdessen einfach ein gutes Debütalbum aufgenommen und veröffentlicht.
"it was amazing to see, that there was something going on."
(amphetamine song)
Sozialisation gepaart mit einem etwas engstirnigen Indie-Habitus kann also schnell zu fatalen Fehleinschätzungen führen. Denn ALASAC haben weder mit Akkordeon-Orchestern noch mit Hans Albers viel gemein. Die Instrumentierung ist vielfältig und der Gestus der Band ist von Seemannsromantik so weit entfernt wie Wien von der Nordsee. Bereits der Bandname A Life, A Song, A Cigarette weist darauf hin, worum es den sechs Österreichern geht. Auf diesem Album sollen keine lyrischen Belanglosigkeiten erzählt und keine musikalischen Beliebigkeiten aufgeführt werden. Es geht ums Ganze. Doch erst einmal zur Oberfläche: Das Album "Fresh Kills Landfill" ist das erste von ALASAC und wurde auf Siluh veröffentlicht, dem momentan neben Fettkakao (und seayou. Anm. d. Tippse) vielleicht einzigen österreichischen Indielabel, das spannende Platten herausbringt. "Fresh Kills Landfill" ist in jedem Fall so eine Platte. Musikalisch bewegen sich die Jungs trotz Akkordeons in tendenziell amerikanischen Gefilden. Die Grundstimmung bewegt sich irgendwo zwischen countryesken Momenten und Indiepopsongs, den einzelnen Stücken liegt durchgängig ein Singer/Songwriter-Gerüst zugrunde. Die Musik ist ebenso verschroben-freundlich, wie es die englische Grammatik der Texte ist. Mal mit druckvollen Gitarren, mal mit schüchtern klimperndem Glockenspiel, nie zu aufdringlich wird über das Album hinweg ein musikalischer Bogen gespannt, dem es allerdings in manchen Momenten an notwendiger Spannung fehlt. Häufiger kann man eine gewisse Liebe zu Bands wie den Decemberists oder Bright Eyes heraushören, deren dynamische Arrangements bisweilen einen nahezu orchestralen Charakter haben. Akkordeon, Lap Steel Guitar und Cello tragen auch bei ALASAC nicht nur zur Dekoration bei, sie übernehmen stattdessen eine tragende Rolle im Soundgewand und geben ihm eine eigenständige Note. Obwohl in den Songs eine Menge Potential steckt, fehlt es den Arrangements aber etwas an Strahlkraft und an Punktgenauigkeit. Dazu lassen sie den letzten Tick Inspiration vermissen, der den Stücken zusätzliche Kraft einflößen würde. Das ist schade, denn den atmophärischen Grundton treffen ALASAC hervorragend. Das liegt vor allem an Sänger Stephan Stanzel, der die Songs nicht nur mit seiner charismatischen Stimme sondern gar mit Herz und Seele erst zum Leben erweckt.
„Sometimes your love seems, like a hidden track, hard to find” (Love)
Stanzel singt und erzählt von der Liebe und Enttäuschungen, von Sehnsüchten und vom Scheitern. In all diesen Themen und ihrer Vortragsweise spiegelt sich Teenage Angst wieder, das Leiden an der Welt und ihrer Verfasstheit wird hier auf einer ganz persönlichen Ebene abgehandelt. Plakative Songtitel wie Please Let Me Drink Away My Broken Heart stehen da ebenso für die Totalität in der Rezeption von Glück und Schmerz wie der Bandname. Eben diese Totalität hat aber keine Überbetonung hin zum Klischeehaften zur Folge, viel mehr beweist die Band ein sehr gutes Gefühl für die Entsprechung von Form und Inhalt. Es wirkt eben zutiefst authentisch, wenn Stanzel in A Different Spring mit den eigenen Ansprüchen hadert und singt „I am what I am, but I ain’t what I aim. Why do I even try it again?“
Bleibt nur zu hoffen, dass er diese Frage nicht auf die Musik on ALASAC bezieht. Auch wenn der letzte Schliff fehlt und das musikalisch-schöpferische Potential noch nicht voll ausgelotet wurde: "Fresh Kills Landfill" ist ein sehr schönes Album geworden, an dessen Intention und Herzblut nicht zu zweifeln ist. Und man lernt dabei sogar bisher missachtete Instrumente wie das Akkordeon zu schätzen. Auch dafür haben A Life, A Song, A Cigarette meinen Dank. Hoffentlich bleibt ihr erstes Album nicht ihr letztes.
foto: lukas beck
a life, a song, a cigarette
"fresh kills landfill"
siluh 2007 cd
a life, a song, a cigarette
Boy Omega [The Grey Rainbow]
7 Songs in 25 Minuten über Flaggen verbrennen, Tunnel graben, Schmerzmittel, Faschismus, das Ende der Welt, Wind auf dem Wasser, eine Hochzeit, Schneestürme, Ameisen, Löwen, blaue Geistern, Warten, verlorene Liebe, versinkende Schiffe, Herzen und nicht den Abzug zu drücken.
"i don't know if you're supposed to feel secure."
(for i cannot breath)
Als ich durch die Straße gehe, auf die, durch die müden Zweige der Bäume vereinzelt herbstliche Sonnenstrahlen fallen, bemerke ich ein Mädchen, dass auf einer Mauer sitzt. Neben ihr behauptet sich wacklig ein alter, silbergrauer Kassettenrekorder, durch dessen Stereoboxen blechern die wehmütige Stimme von Conor Oberst klingt. Sie trägt einen schwarzen Kapuzenpullover und an ihren Händen fingerlose Handschuhe. Während sie schnieft und sich mit der rechten Hand über das Gesicht fährt, schwebt Bright Eyes überlebensgroß über der gesamten Situation, die so inszeniert erscheint, wie dieses Video im Fernsehen, in welchem Oberst mit ähnlichem Habitus an einer Bushaltestelle verzweifelt. Letztens sprach ich noch mit einem Freund über genau dieses Video und den seltsam leeren Geschmack von Übersättigung, den es hinterlässt. Der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhardt sagte einmal, all Künstler seien naturgemäß Übertreibungspezialisten.
A wound is a wound even if it’s not healing.
Martin Henrik Gustaffson entspringt einem florierenden und äußerst ambitioniertem musikalischen Umfeld der südschwedischen Stadt Göteborg, deren Potential sich dem Kern Kontinentaleuropas erst langsam erschließt. Eine kollektive Melancholie scheint sich wie der rote Faden unaufdringlich aber konstitutiv als Grundthema durch diese Musikszene zu ziehen. Dennoch spricht Gustaffson von hoffnungsvolleren Stücken, gar von einer Wall of Sound aus Streichern und Bläsern, wenn er sein kommendes, drittes Album erwähnt. Die vorliegende EP erscheint dabei wie ein Verbindungsglied zwischen jenem und seinem letzten Album, "The Black Tango". Auch hier hat der junge Herr, der unter dem Pseudonym Boy Omega seine entrückte Gefühlswelt ein wenig nach außen trägt, seine Arbeit erneut zu Hause aufgenommen. Unterstützt wird er dabei von eben jenem Netzwerk, welches sich in erwähnter Metropole gespannt hat; so spielt Björn Kleinhenz hier und da Bassläufe ein und Per-Ola Eriksson, der auch bei The Book of Daniel, dem Projekt von Gustaffsons Bruder mitwirkt, spielt Klavier. Freundschaftlich bewahrt man sich eine intime Atmosphäre.
A ship is a ship even if it is not sinking.
Mit den sieben Stücken der "Grey Rainbow" EP mag Boy Omega zwar Hoffnung groß schreiben, aber es ist eine Hoffnung mit vielen Schatten. Sieben mal entwirft er bedrückende Bilder, bedient er Analogien von schmerzlicher Heiterkeit, malt klaustrophobische Freiheiten mit grauen Farben ohne dabei auch nur einen Moment beliebig zu wirken. Wenn er etwa im letzten Stück A Heart Is A Heart die Sehnsucht beschreibt und dabei die herangezogenen Metaphern ihrer wesentlichen Attribute beraubt, sie dekonstruiert, trifft er diese unaussprechlichen Gefühle, die tief in einem ruhen. Überhaupt wird rasch deutlich, dass sich Gustaffson oft Bildern von Leere, vom Loslösen und Gehen lassen, vom schmerzlichen Warten und Vergehen bedient, sich in all diesen Gedanken aber tatsächlich auch stets etwas Hoffnung regt. "But I hope this summer will carry you home", (A Heart Is A Heart) beschließt er seine Platte. Diese fragile Spannung übersetzt er musikalisch durch das Zusammenspiel von klassischer Instrumentierung mit Akustikgitarre, Bass, Klavier und Schlagzeug und elektronischen Klangspielereien, immer wieder durchzogen von feinen Details, von wie aus dem Nichts auftauchendem Regen, überraschend einsetzenden Streicherarrangements oder zaghaften Anschlagens eines Glockenspiels. Kammerpop vs. Filedrecordings vs. Singer/Songwritertum. Das erinnert in seiner schmerzhaften Schönheit auch heute noch an überlebensgroße Ikone wie Elliott Smith, Nick Drake und eben auch Bright Eyes. Doch bei all dem gelingt es Gustaffson und seinen Begleitern niemals den Bogen zu überspannen, niemals das Pathos zu groß zu schreiben und damit unglaubwürdig zu wirken.
Ein Künstler ist ein Künstler, selbst wenn er nicht übertreibt.
foto:
boy omega
"the grey rainbow"
riptide 2006 cd
boy omega