Get Him Eat Him [Arms Down]

Get Him, Eat Him und die Rückkehr des College Rock.
Fünf der Schule noch nicht entwachsene Buben, die sich schon die Bühnen dieser Welt mit XiuXiu oder den Arcade Fire teilten, stellen mit Arms Down ihr drittes Album vor.



"on the phone i was talk, talk, talking you down"
(patronage)


Konfrontiert wurde ich das erste mal mit der Band um Pitchfork Schreiber Matt LeMay, als ich in dem Webcomic Questionable Contet darüber las. Das war zu Zeiten ihres Debüt Albums "Geography Cones", welches mit zwei Seehunden in wilder Filzstiftpolemik auf dem Cover daherkam. Liest man die eine oder Rezension des aus Providence, Rhode Island stammenden LeMay, wird einem schnell der Kontext klar, in welchem sich seine Band bewegt: College, Alternative und Indie Rock der Neunziger Jahre. Was auf dem Debüt noch nach einer Überdosis Stephen Malkmus klang, hat sich heute, zwei Jahre später, zu mehr Eigenständigkeit entwickelt. Das Ergebnis harter Arbeit mittels andauernden Probens, Auftretens und Aufnehmens. Was im Falle der fünf jungen Herren wohl in die wohlverdienten Sommerferien gefallen sein dürfte.

Get Him Eat Him reihen sich unfraglich in den Trend der Teils humoristisch verqueren, Teils provokant bedeutungslosen, oft mit Interpunktionen versehenen Namensgebungen ein, die seit einigen Jahren im Umlauf sind. Von Clap Your Hands Say Yeah, über You Say Party! We Say Die! bis hin zu Someone Still Loves You, Boris Yeltsin. Das bedeutet natürlich inhaltlich erst einmal gar nichts.

"Arms Down" ist das nunmehr dritte Album der Band, auf dessen Cover eine blasse und in grotesker Haltung befindliche Figur aus dem Vorhang eines Lego Theaters blickt. Arme runter. Vielleicht ein Hinweis auf das Vorbeiziehen von Gefahr. Oder ein Befehl zum Entspannen, zum Zurücklehnen und Einstellen aller Aktivitäten, um sich der Musik ausgiebig und uneingeschränkt widmen zu können.

Schon nach zwanzig Sekunden Spielzeit des Albums gesellen sich Bläser zu einer getretenen Basedrum und einer leicht verzerrten Gitarre, werden später mit einer wabernden Orgel und einer Fülle an Hintergrundgeräuschen angereichert. Make some Noise! Besonders in den gewagten, umtriebigen, hakenschlagenden Instrumentalpassagen schwirren einem kurzzeitig Verweise zur kompositorischen Dichte eines Sufjan Stevens Arrangements oder eine volle Breitseite der Broken Social Scene durch den Kopf. Vielleicht haben damit auch die unzähligen, namhaften Beteiligten zu tun: "Arms Down" weiß mit so illustren Beteiligten wie Zach Condon (Beirut), Charles Bissel (The Wrens) oder Chris Brown (laut Pressetext Mitglied der Broken Social Scene) auf zuwarten.

Wie ein Leitsystem im Dschungel der Arrangements bricht Matt LeMay jedoch immer wieder in den Vordergrund; ob es nun sein süßlicher Gesang, der hin und wieder in eine fragile Kopfstimme umkippt, ist, oder seine quiekende, drängelnde Gitarre. All jenes, was im Hintergrund an Komplexität, an Mehrschichtigkeit in der Komposition aufgebaut wird, was den Hörer herausfordern möchte, die Hörgewohnheiten strapazieren vermag, wird durch die Klarheit dieser beiden Komponenten negiert. Was man als Kanten ausmachen, als Charakteristika, als mutige Ausuferung bemerken könnte, wird konsequent durch eine gegenläufige Unaufgeregtheit geglättet, die an späte Erfolgsalben von in Belanglosigkeit geratener Neunziger Ikonen erinnert. Weezer. Ash. Jimmy Eat World. You name it. Hier findet sich ein pathetisches Abschlussballromantik Intermezzo samt obligater Keyboard Linie (Exposure), da ein Emo Verweis (CBT) oder eine Blur Referenz (Leaders Doubt). Da täuschen auch die wunderbar arrangierten Bläser oder plötzlichen Tempiwechsel nicht drüber weg. Wenn die Spex in diesem Zusammenhang schreibt, dass die Band zu wissen scheint, „wie viel sie ihrer Hörerschaft zumuten kann, ohne vom Abwechslungsreichen ins Überfordernde ab zu rutschen", stellt sich natürlich die Frage, wer denn bitte schön diese Hörerschaft sein soll. Auf jeden Fall scheint sie alles seit den späten Achtzigern verpasst zu haben, denn was hier an frischen Ideen kommt, kann man leider an zwei Fingern abzählen. Vielleicht sind die ersten Worte auf der Platte aber auch als Warnung zu verstehen: „It's a familiar sound / We're under attack". (2x2) Arme runter, keine Gefahr.
foto: gethimeathim



get him eat him
"arms down"
bb*island 2007 cd
get him eat him