Kay Pollak [Wie Im Himmel]

Als bei der Premiere seines letzten Filmes „Love Me“ der schwedische Premierminister auf schockierende Weise ermordet wurde, entschied sich Regisseur Kai Pollak, vorerst keine Filme mehr zu machen. Fast zwanzig Jahre später meldet er sich mit großem Erfolg zurück: „Wie im Himmel“ sahen allein in seinem Herkunftsland Schweden über 2 Millionen Menschen.


ich bin gekommen, um zuzuhören.
(daniel dareus)


Eigentlich wollte Daniel Dareus (Michael Nyqvist) nur eines: Seine Ruhe. Nach einem Herzinfarkt kann der berühmte Dirigent seinen Beruf nicht weiter ausüben und zieht sich in sein schwedisches Heimatdorf zurück, wo er einst eine schwierige Kindheit verbrachte und nun zur Ruhe kommen will. Diese Pläne durchkreuzt jedoch der kleine, aber vor liebenswerten Charakteren strotzende Kirchenchor. Daniel nimmt die Stelle des Kantors an und beginnt, den Chor auf Vordermann zu bringen. Doch während er anfangs nur mit dem Misstrauen der Sänger und der Unruhe während der Proben zu kämpfen hat, wird schnell klar, dass hier jeder seine ganz speziellen Probleme hat.

Da wäre zum Beispiel die zweifache Mutter und begabte Sängerin Gabriella (Helen Sjöholm), die von ihrem trinkenden Mann geschlagen wird. Oder der Pastor Stig, dessen religiöse Ansichten sich allzu sehr von denen seiner Frau Inger unterscheiden, was zu einer schweren Krise führt. Und natürlich die hübsche Lena (Frida Hallgren), die hinter ihrem herzlichen Wesen eine tiefe Traurigkeit verbirgt und so ganz besonders mit Daniel verbunden ist. Die Leistungen des Chors entwickeln sich durch Daniels Wirken und mit ihnen die Gemeinschaft der Menschen, sodass es letztendlich weniger um die Musik als um Toleranz, Miteinander und große Gefühle geht. Diese weckt der Film ohne Zweifel auch beim Zuschauer.

Ein wichtiger Grund dafür ist sicher, dass es sich bei "Wie im Himmel" um einen typisch skandinavischen Film handelt: Er ist grundehrlich und so besonders realitätsnah. Die Protagonisten sind wie die Menschen, denen man auch im wahren Leben begegnet, ungeschminkt, in ganz normalen Klamotten, mit Fehlern und verrückten Macken. Obschon die einzelnen Rollen unterschiedlicher nicht sein könnten, kann der Zuschauer sich doch mit jeder irgendwann identifizieren. Dies ist an erster Stelle sicher den wunderbaren Schauspielern zu verdanken, welche oftmals gar keine großen Erfahrungen und Projekte vorweisen können und vielleicht gerade deshalb so Großartiges leisten. Doch auch die fünf Drehbuchautoren mögen daran teilhaben. Sie geben dem Ganzen durch die dörfliche Ruhe und landschaftliche Weitläufigkeit, in der sich alles abspielt, außerdem einen gemütlichen Schwung.

Man möchte rein in dieses Dorf, wo sich jeder duzt und alle Türen offen stehen, rein in den Chor, der wild tanzt und spielt und sich findet im eigenen Ton, laut und impulsiv und von ganz tief innen drin. Dieser Chor, der sich in seinen Dirigenten verliebt, während der auch noch mit sich selbst fertig werden muss, um endlich sein Herz verschenken zu können. Während er Radfahren lernt. Während er andere rettet und umwirft und alles verändert.

Und trotz der vielen Facetten von "Wie im Himmel", trotz der vielen Geschichten, die er erzählt, trotz der zahlreichen Lehren und Weisheiten, die er enthält, wirkt er doch niemals überladen, sondern vielmehr reich. Regisseur Kay Pollak schenkt dem Publikum ein kleines Meisterwerk voller natürlicher Dialoge und wunderbar beobachteten Charakterzügen. Dafür heimste er zurecht eine Oscar-Nominierung für den besten ausländischen Film ein.
foto: paramount


kay pollak
"wie im himmel"
(så som i himmelen)
2005