Richard Hawley [Coles Corner]

In einer Hand die Blumen, in der anderen ein Päckchen voll Hoffnung und im Schoß liegt das Herz. Mit Coles Corner bietet Richard Hawley elf opulent instrumentierte Songs mit zeitlupenhafter Romantik und schwelgender Melancholie.



"when i was younger, i was worried about being cool.
but music is one of the few things, where tradition is not such a bad thing.
"
(richard hawley)


Richard Hawley, der mit "Coles Corner" sein viertes Album veröffentlicht, weiß genau wie man Herzen zum schmelzen bringt. Wie man Knie zittern lässt und wie man Fingernägel voller Melancholie in die Lehnen eines alten Ledersessels pressen lässt. Der spätere Session Musiker und Tour Gitarist der britischen Band Pulp, begann seine Karriere mit einer Rhythm 'n' Blues Band in deutschen Bier Zelten 1981. Über viele Umwege hinweg veröffentlichte er zwanzig Jahre später ein selbst betiteltes Minialbum. Was bei dem Mann im Hintergrund ins Auge stach war jetzt seine Stimme; dieses tief melodiöse, unweigerlich an Frank Sinatra, Hank Williams und Elvis Costello erinnernde croonen.

Es sind nicht nur die Lieder, die einen in eine so herrliche Stimmung von Traurigkeit, Lebensfreude und Zuversicht versetzen. Wenn man sich allein das Booklet anschaut, von innen nach außen, von oben bis unten, von rechts nach links. Da möchte man gar nicht anders, als sich das Album durch und durch anhören. Jede Minute voller Klänge und Töne in sich aufzusaugen und sich vorzustellen, wie der eigene Herzbube oder die eigene Herzdame einem Zettel in sein Lieblingsbuch legt, auf dem Worte wie "Maybe there’s someone waiting for me. With a smile and a flower in your hand" stehen.

Das Innenleben des Covers erzählt einem so etwas wie eine kleine Geschichte, wie auch Richard Hawley in Tonight eher etwas erzählt, als zu singen. Mitten auf dem Cover, welches einem sofort ins Auge springt, sieht man ihn allein, mit einem eingepackten Strauß Blumen in der Hand vor einem Theater. Er scheint auf Jemanden zu warten. Weiter geht es mit Bildern, auf denen er sich im Spiegel betrachtet oder sich alles richtet. Dann sieht man Hawley in einem wunderschönen, englischen Taxi, das ihn zu dem Theater fährt. Sein Strauß Blumen bildet einen wunderbaren Kontrast zu dem gesamt Bild, in das man so gerne hineinschlüpfen würde, weil er auf jedem Foto so verdammt traurig aussieht. Auf einer Doppelseite die ihn abbildet und dem Cover ähnelt, schaut er auf seine Armbanduhr und kurze Zeit später steht er in einer rot lackierten Telefonzelle und ruft Jemanden an. Coles Corner ist die Ecke an dem ein verschwundenes Kaufhaus verliebte zu einem nächtlichen tête - à - tête einlud. Das Bild ist traurig. Das Bild macht traurig. Richard Hawley macht traurig.

Seine Lieder variieren zwischen jazzigen Musikstücken, cowboybehafteten Klängen und einfach nur wunderbaren Melodien von Geigen, Klavier, leisen Drums und genialer Stimme. Hört man Lieder wie Just Like The Rain, entstehen nicht nur wohltuende Gefühle und Stimmungen, sondern auch automatisch gewisse Bilder, die das Unterbewusstsein in unsere wachen Köpfe schießen lässt. Wenn Richard Hawley "but you’re still in my mind" singt, kommt bei mir persönlich das Bild von einem alten, graubärtigen Mann auf, der in einer Westernbar auf einem Hocker auf der Bühne sitzt und diese junge Stimme annimmt.

Leider hat er für meinen Geschmack zu viele Wiederholungen in seinen Texten, aber alleine die Tatsache, dass sich so viele Zeilen bei ihm reimen, ist charmant. Überaus charmant.

Auch hören sich Worte wie "You are here in my arms" nur bei Richard Hawley schön an. Nur bei ihm. Er singt so verdammt einnehmend und schön. Man kann mit den Liedern und seinen Takten mitwippen, aber gleichzeitig ein Kleinkind in den Schlaf wiegen. Man könnte diese ganzen gegensätzlichen Gefühle, die Minute für Minute, Takt für Takt und Ton für Ton neu entstehen, fast schon über den Ozean hören. Über die höchsten Berge und bis tief drinnen in unseren Köpfen. Puff, peng, peng. Melodien für Millionen.
foto: gareth james


richard hawley
"coles corner"
mute 2005 cd
richard hawley